Landtag von Baden-Württemberg
12. Wahlperiode
Drucksache 12 / 5776

Gesetzesentwurf der Landtagsfraktion Die Republikaner

Gesetz zum Schutz des freien Informationszugangs in Baden-Württemberg
(Landesinformationsfreiheitsgesetz - IFG)



A. Z i e l s e t z u n g

Der Schutz des Rechts auf freien Informationszugang und Verbreitung dieser Informationen wurde trotz seiner weitreichenden Bedeutung für die demokratische Meinungs- und Willensbildung bzw. für eine Kontrolle des staatlichen Handelns bis zum jetzigen Zeitpunkt weder auf europäischer Ebene noch auf Bundesebene durch Erlaß eines entsprechenden Gesetzes normiert.
Bisher sind nur drei Bundesländer diesem Erfordernis durch einen entsprechenden Gesetzeserlaß nachgekommen; in diesem Zusammenhang sind im Einzelnen zu nennen:
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) für das Land Brandenburg vom 10.03.1998,
Gesetz zur Förderung der Informationsfreiheit im Land Berlin (Berliner Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 15.10.1999 und das
Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein Informationsfreiheitsgesetz für das Land Schleswig-Holstein - IFG-SH) vom 09.02.2000.
Durch das vorliegende Gesetz werden für das Land Baden-Württemberg die erforderlichen Voraussetzungen zum Schutz des freien Informationszugangsrecht bzw. der Verbreitung der Informationen in vergleichbarer Weise wie in den vorgenannten drei Bundesländern geschaffen, bis auf höherer Ebene diesem Erfordernis Rechnung getragen wird.

Neben dem vorgenannten Gesetzesziel, zu dessen näherer Erläuterung auch auf § 1 dieses Gesetzes bzw. dessen Begründung verwiesen wird, werden durch die im zweiten Abschnitt dieses Gesetzes normierten Einschränkungen des Informationszugangsrechts eine ausgewogene Balance mit etwaig hierzu im Widerspruch stehenden Interessen gewährleistet.
Durch das im dritten Abschnitt normierte Verfahren wird darüber hinaus ein gerechter Ausgleich zwischen dem Bedürfnis der antragstellenden Person an einer möglichst umgehenden Gewährung des Rechts auf freien Informationszugang und dem Bedürfnis der öffentlichen Stelle nach ausreichend Zeit für eine sachgerechte Bearbeitung, geschaffen.

B. W e s e n t l i c h e r   I n h a l t

Der Gesetzentwurf umfaßt folgende wesentlichen Punkte:

Jeder natürlichen und juristischen Person wird ein Recht auf freien Informationszugang - in Gestalt der Gewährung von Akteneinsicht und Aktenauskunft - und auf Verbreitung der erhaltenen Informationen zu nicht kommerziellen Zwecken eingeräumt; journalistische und redaktionelle Tätigkeit dient nicht zu kommerziellen Zwecken im vorgenannten Sinne.

Zum Schutz überwiegender privater und öffentlicher Interessen ist das Informationszugangsrecht durch ein jeweils abgestuftes System von Einschränkungen begrenzt. Nur soweit diese schutzwürdigen Belange in unzulässiger Weise beeinträchtigt werden, besteht kein Recht auf freien Informationszugang; hierbei soll jedoch das Recht auf freien Informationszugang durch Einsicht in die Originalunterlagen möglichst weitgehend aufrecht erhalten werden.

Das Verfahren zur Durchführung der Akteneinsicht und Aktenauskunft durch die öffentlichen Stellen basiert auf dem Antragsprinzip und ist von dem Grundsatz getragen, daß einem gestellten Antrag möglichst umgehend entsprochen wird. Hierbei werden die schutzwürdigen Belange betroffener Dritter bereits im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde durch die Einräumung eines Anhörungsrechts berücksichtigt; der verwaltungs-gerichtliche Rechtsschutz ist nach Durchführung des Widerspruchs-verfahrens für betroffene Personen ebenfalls eröffnet.

Das Recht auf freien Informationszugang ist als subjektives Recht mit der Möglichkeit der verwaltungsgerichtlichen Durchsetzung nach vorangegan-genem Vorverfahren vor der Widerspruchsbehörde ausgestaltet; in Ergän-zung hierzu steht den anspruchsberechtigten Personen die Möglichkeit der Anrufung des oder der Landesbeauftragten für den Datenschutz zu.
 

C. A l t e r n a t i v e n

Beibehaltung des derzeitigen unbefriedigenden Zustandes.
 

D. K o s t e n
 
Keine
 
 
 
 
 
 
 

Gesetz
zum Schutz des freien Informationszugangs
in Baden-Württemberg

(Landesinformationsfreiheitsgesetz - IFG)
 

Inhaltsübersicht:
 
1.  Abschnitt: Informationsfreiheit

§ 1 Gesetzeszweck
§ 2   Begriffsbestimmungen
§ 3  Informationszugangsrecht
§ 4  Anwendungsbereich
§ 5  Umfang des Informationszugangsrechts

2.  Abschnitt: Einschränkungen des Informationszugangsrechts

§ 6 Amtsverschwiegenheit
§ 7 Schutz überwiegender privater Interessen
§ 8 Schutz überwiegender öffentlicher Interessen
§ 9 Gefährdung des Gemeinwohls
§ 10 Beschränkte Akteneinsicht oder Aktenauskunft

3. Abschnitt: Verfahren

§ 11 Antragstellung,  Durchführung  der  Akteneinsicht und Aktenauskunft
§ 12  Entscheidung, Anhörung der betroffenen Person
§ 13 Begründungspflicht und Bescheidungsfristen
§ 14 Kosten
§ 15 Anrufung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz

4. Abschnitt: Schlußvorschriften

§ 16 Ordnungswidrigkeiten
§ 17 Inkrafttreten
 

1.  Abschnitt - Informationsfreiheit

§ 1 Gesetzeszweck

Zweck dieses Gesetzes ist es, durch ein umfassendes Informationsrecht das in den Akten festgehaltene Wissen und Handeln öffentlicher Stellen unmittelbar der Allgemeinheit zugänglich zu machen sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten, um über die bereits bestehenden Informationsmöglichkeiten hinaus die demokratische Meinungs- und Willensbildung zu fördern und eine verbesserte Kontrolle des staatlichen Handelns zu ermöglichen. Durch dieses Gesetz werden die grundlegenden Voraussetzungen und Einschränkungen festgelegt, unter denen die vorgenannten Informationen der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.

§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Dieses Gesetz regelt die Informationszugangsrechte gegenüber den Behörden im Sinne des Absatzes 2 und sonstigen öffentlichen Stellen (insbesondere nichtrechtsfähigen Anstalten, Krankenhausbetrieben, Eigenbetrieben und Gerichten) des Landes Baden-Württemberg, den landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, gegenüber Beliehenen, soweit sie mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse betraut sind, sowie gegenüber Gemeinden, Landkreisen und Gemeindeverbänden (öffentliche Stellen), auch soweit diese Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaft ausführen.

(2)  Behörde ist jede Stelle im Sinne des § 1 Abs. 2 des Landesverwalt-ungsverfahrensgesetzes mit Ausnahme:
(a) des Landtags im Rahmen seiner Gesetzgebungstätigkeit
(b) der Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden sowie Disziplinarbehörden, soweit sie als Organe der Rechtspflege oder aufgrund besonderer Rechtsvorschriften in richterlicher Unabhängigkeit tätig werden
(c) des Landesrechnungshofes, soweit er in richterlicher Unabhängig-keit tätig wird

(3) Akten im Sinne dieses Gesetzes sind alle schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise aufgezeichneten Unterlagen, insbesondere Schriftstücke, Magnetbänder, Disketten, Filme, Fotos, Tonbänder, Pläne, Diagramme, Bilder und Karten, soweit diese amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienen.

§ 3 Informationszugangsrecht

Jede natürliche oder juristische Person des Privatrechts hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 Absatz 1 genannten öffentlichen Stellen nach ihrer Wahl ein Recht auf Einsicht in (Akteneinsicht) oder Auskunft über (Aktenauskunft) den Inhalt der von der öffentlichen Stelle geführten Akten.

§ 4 Anwendungsbereich

Bestimmungen über den Informationszugang nach anderen Gesetzen, insbesondere soweit durch diese ein weitergehender Zugang zu Informationen ermöglicht wird, werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

§ 5 Umfang des Informationszugangsrechts

Akteneinsicht und Aktenauskunft ist in dem beantragten Umfange zu gewähren, soweit nicht eine der im 2. Abschnitt normierten Ausnahmen zur Anwendung gelangt.

2. Abschnitt  Einschränkungen des Informationszugangsrechts

§ 6 Amtsverschwiegenheit
 
Soweit erforderlich, ist mit der Entscheidung, die Akteneinsicht oder Aktenauskunft zu erteilen, die Genehmigung nach § 79 Abs. 2 Landesbeamtengesetz zu verbinden. Sie darf nur in den Fällen des § 9 versagt werden.

§ 7 Schutz überwiegender privater Interessen

(1) Der Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 abzulehnen, soweit

(a) hierdurch personenbezogene Daten offenbart würden,

(b) der Einsicht der Schutz des geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrechte, entgegensteht oder

(c) dadurch eine antragstellende Person oder ein Dritter von einer Tatsache Kenntnis erlangen würde, die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist, zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb in Beziehung steht und die nach dem Willen des Unternehmens geheimzuhalten ist oder an deren Geheimhaltung das Unternehmen ein schutzwürdiges Interesse hat (Betriebs- und Geschäftsgeheimnis).

Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(2) Die Akteneinsicht oder Aktenauskunft kann gewährt werden, soweit

(a) personenbezogene Daten mit Zustimmung der betroffenen Person offenbart werden oder die Offenbarung durch dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift zugelassen ist,

(b) die personenbezogenen Daten aus allgemeinzugänglichen Quellen entnommen werden können und schutzwürdige Belange der Offenbarung nicht entgegenstehen oder

(c) aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles das Informations-interesse (§1) der antragstellenden Person das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an der Geheimhaltung der Information überwiegt; gegenüber der Offenbarung tatsächlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafbaren Handlung können sich die betroffenen Personen und die öffentliche Stelle hierauf nicht berufen.

(3) Bei Einsicht in die Akten ist auch die Offenbarung der Mitwirkung eines Amtsträgers an Verwaltungsvorgängen oder sonstigen hoheitlichen Handelns sowie dessen Namen, Titel, akademischer Grad, der innerdienstlichen Funktionsbeschreibung, der dienstlichen Anschrift und Rufnummer zulässig, es sei denn, der Offenbarung stehen überwiegend schutzwürdige Belange des Amtsträgers entgegen. Der Begriff des Amtsträgers umfaßt sowohl die weibliche als auch die männliche Person.

§ 8 Schutz überwiegender öffentlicher Interessen

(1) Der Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist abzulehnen, wenn durch das Bekanntwerden der Informationen

(a) die internationalen Beziehungen, die Beziehungen zum Bund oder zu einem Land, die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit geschädigt werden würden,

(b) der Verfahrensablauf eines anhängigen Gerichtsverfahrens, eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens oder Disziplinarverfahrens erheb-lich beeinträchtigt werden würde,

(c) der Erfolg eines Ermittlungsverfahrens wegen einer Straftat gefährdet werden würde oder

(d) Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen, die nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfallen, ohne deren Zustimmung offenbart werden würden.

(2) Der Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft kann abgelehnt werden,

(a) soweit sich der Inhalt der Akten auf Vorgänge bezieht, die nach gesetzlichen Vorschriften in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten oder zu beschließen sind,

(b) soweit sich der Inhalt der Akten auf den Prozeß der Willensbildung innerhalb von und zwischen Behörden oder Verwaltungs-einrichtungen bezieht

(c) wenn sie sich auf die Übermittlung noch nicht abgeschlossener Schriftstücke oder auf Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung bezieht, wobei jedoch Ergebnisse von Beweiserhebungen sowie Stellungnahmen nicht der unmittelbaren Vorbereitung dienen,

(d) wenn durch das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts der Erfolg bevorstehender behördlicher Maßnahmen gefährdet werden könnte oder

(e) wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle erheblich beeinträchtigt werden würde,

es sei denn, daß das Informationsinteresse (§ 1) der antragstellenden Person das entgegenstehende öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Information im Einzelfall nicht unerheblich überwiegt.

(3) § 7 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die öffentliche Stelle kann die Akteneinsicht oder Aktenauskunft unter Berufung auf Absatz 1 Nr. (b) und

(c) und Absatz 2 Nr. (b) bis (e) nur für die Dauer von bis zu drei Monaten verweigern. Die Entscheidung ist entsprechend zu befristen. Nach Ablauf der Frist hat die öffentliche Stelle auf Antrag erneut zu entscheiden. Eine weitere Vorenthaltung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. (b) und (c) und Absatz 2 Nr. (b) bis (e) weiterhin vorliegen.

§ 9 Gefährdung des Gemeinwohls

Außer in den Fällen der §§ 7 und 8 darf die Akteneinsicht oder Aktenauskunft nur versagt werden, wenn das Bekanntwerden des Akteninhalts dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes schwerwiegende Nachteile bereiten oder zu einer schwerwiegenden Gefährdung des Gemeinwohls führen würde.

§ 10 Beschränkte Akteneinsicht oder Aktenauskunft

(1) Soweit die Voraussetzungen für Einschränkungen der Informationsfreiheit nach den §§ 7 bis 9 nur bezüglich eines Teils einer Akte vorliegen, besteht ein Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft hinsichtlich der anderen Aktenteile. Wird Akteneinsicht beantragt, so sind die geheim-haltungsbedürftigen Aktenteile unkenntlich zu machen oder abzutrennen; die Abtrennung kann auch durch Ablichtung der nicht geheim-haltungsbedürftigen Aktenteile erfolgen. Art und Umfang der Abtrennung oder Unkenntlichmachung sind in der Akte - für den Antragsteller deutlich sichtbar - zu vermerken.

(2) Die öffentlichen Stellen treffen geeignete organisatorische Vorkehrungen, damit Informationen, die dem Anwendungsbereich der §§ 7 bis 9 unterfallen, möglichst ohne unverhältnismäßigen Aufwand abgetrennt werden können.

3. Abschnitt - Verfahren

§ 11 Antragstellung, Durchführung der  Akteneinsicht und Aktenauskunft

(1) Der Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft soll schriftlich bei der öffentlichen Stelle gestellt werden, welche die Akten führt. Im Antrag soll die betreffende Akte bezeichnet werden. Sofern der antragstellenden Person Angaben zur hinreichenden Bestimmung einer Akte fehlen, ist sie durch die öffentliche Stelle zu beraten und zu unterstützen. In den Fällen der §§  7 Abs. 2 Nr. 3 und  8 Abs. 2  sind auch die besonderen Umstände des Einzelfalles darzulegen, aufgrund derer ein überwiegendes Offenbarungsinteresse der antragstellenden Person geltend gemacht wird. Wird ein Antrag schriftlich bei einer unzuständigen öffentlichen Stelle gestellt, so ist diese verpflichtet, den Antrag umgehend an die zuständige Stelle weiterzuleiten und die antragsstellende Person entsprechend zu unterrichten. Die Akteneinsicht erfolgt bei der öffentlichen Stelle, welche die Akten führt. Die öffentliche Stelle ist verpflichtet, der antragsstellenden Person ausreichend zeitliche, räumliche und sachliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung zu stellen.

(2) Aktenauskunft kann schriftlich oder mündlich erteilt werden. Der Anspruch auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft wird vorbehaltlich der in den §§ 7 bis 10 geregelten Ausnahmen durch Gewährung der Einsicht in die Originaldokumente erfüllt.

(3) Handelt es sich um nur vorübergehend beigezogene Akten anderer öffentlicher Stellen, die nicht Bestandteil der eigenen Verwaltungs-unterlagen werden sollen, so weist die Behörde umgehend auf diesen Umstand hin und nennt der antragsstellenden Person die für die Entscheidung über die Akteneinsicht oder Aktenauskunft zuständige Stelle.

(4) Bei Gewährung von Akteneinsicht und Aktenauskunft ist der antrags-stellenden Person die Anfertigung von Notizen gestattet.

(5) Auf Verlangen sind der antragsstellenden Person Ablichtungen der Akten oder von Teilen derselben anzufertigen und - auch durch Versendung - zur Verfügung zu stellen. Falls die hierfür erforderlichen Möglichkeiten vor Ort vorhanden sind, kann die antragstellende Person darauf verwiesen werden, daß sie die Ablichtungen selbst und auf eigene Kosten anfertigt. Soweit der Überlassung von Ablichtungen Urheberrechte entgegen-stehen, ist von der öffentlichen Stelle umgehend die Einwilligung der berechtigten Person einzuholen. Verweigert die berechtigte Person die Einwilligung, so besteht kein Anspruch nach Satz 1; das Recht auf Akteneinsicht und Aktenauskunft bleibt davon unberührt.

(6) Sofern die Einsicht von Daten begehrt wird, die auf Datenträgern der automatischen Datenverarbeitung gespeichert sind, ist der antrags-stellenden Person auf Antrag ein lesbarer Ausdruck bzw. eine elektronische Kopie zu überlassen.

(7) Der Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft kann abgelehnt werden, wenn die antragstellende Person bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Die öffentliche Stelle kann insbesondere auf eine Veröffentlichung im Internet verweisen, wenn sie der antragsstellenden Person die entsprechende Fundstelle angibt.

(8) S0oweit die Akteneinsicht oder Aktenauskunft von der Zustimmung Dritter abhängig ist, ist auf Verlangen der antragsstellenden Person umgehend diese Zustimmung einzuholen. Liegt innerhalb von zwei Monaten nach Aufforderung durch die aktenführende Behörde die Zustimmung nicht vor, gilt diese als verweigert. Eine Verweigerung der Zustimmung kann auch vorab erfolgen.

(9) Die Veröffentlichung, Speicherung oder Sammlung von durch Akten-einsichten oder Aktenauskünften erhaltenen Informationen zu gewerb-lichen Zwecken ist unzulässig.

§ 12 Entscheidung, Anhörung der betroffenen Person

(1) Über einen Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft ist unverzüglich zu entscheiden. Der Entscheidung hat eine Prüfung des Antrags auf Zulässigkeit und Umfang der Akteneinsicht und Aktenauskunft nach den Vorschriften dieses Gesetzes voranzugehen.
Ergibt die Prüfung, daß dem Antrag stattgegeben werden kann und Rechte betroffener Personen nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt werden, so soll bei mündlicher Antragstellung Akteneinsicht bzw. Aktenauskunft sofort gewährt werden.
Bei schriftlicher Antragstellung ist der antragsstellenden Person die Entscheidung mitzuteilen und darauf hinzuweisen, daß die Akteneinsicht und Aktenauskunft innerhalb der allgemeinen Sprechzeiten oder der allgemeinen Dienstzeiten der öffentlichen Stelle gewährt wird.

(2) Kommt die öffentliche Stelle bei der Prüfung des Antrags auf Akteneinsicht und Aktenauskunft zu der Auffassung, daß der Offenbarung von personenbezogenen Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen keine schutzwürdigen Belange betroffener Personen entgegenstehen oder daß der Gewährung der Akteneinsicht und Aktenauskunft zwar schutzwürdige Belange betroffener Personen entgegenstehen, das Informationsinteresse der antragstellenden Person (§ 1) aber das Interesse der betroffenen Personen an der Geheimhaltung der Information überwiegt, so hat sie die betroffenen Personen unter Hinweis auf Gegenstand und Rechtsgrundlage der Erteilung der Akteneinsicht und Aktenauskunft Gelegenheit zu geben, sich innerhalb von zwei Wochen zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
Die Entscheidung ist auch den betroffenen Personen bekanntzugeben.
Über den Antrag ist unverzüglich nach Ablauf der Äußerungsfrist zu entscheiden. Die Akteneinsicht und Aktenauskunft darf erst nach Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung gegenüber den betroffenen Personen oder zwei Wochen nach Anordnung der sofortigen Vollziehung, die auch den betroffenen Personen bekannt zu geben ist, erteilt werden.
Gegen die Entscheidung können die betroffenen Personen Widerspruch nach den §§ 68 ff  der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen.

(3) Gegen die Entscheidung, durch die ein Antrag auf Akteneinsicht und Aktenauskunft ganz oder teilweise zurückgewiesen wird, ist der Widerspruch nach den §§ 68 ff  der Verwaltungsgerichtsordnung auch dann statthaft, wenn die Entscheidung von einer obersten Landesbehörde im Sinne des § 3 des Landesverwaltungsgesetzes erlassen worden ist.

§ 13 Begründungspflicht und Bescheidungsfristen

(1) Soweit Belange betroffener Personen im Sinne des § 12 Absatz 2 nicht berührt sind, gewährt die öffentliche Stelle die beantragte Akteneinsicht oder Aktenauskunft unverzüglich, grundsätzlich jedoch innerhalb eines Monats.

(2) Die Ablehnung eines Antrages auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft sowie die Beschränkung des begehrten Informationszugangs ist von der aktenführenden öffentlichen Stelle innerhalb der in Absatz 1 bestimmten Frist schriftlich zu begründen.
In der Begründung hat die öffentliche Stelle, soweit dies ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Angaben möglich ist, die antragstellende Person über den Inhalt der vorenthaltenen Akten zu informieren. Ist der Antrag nur mündlich gestellt worden, so gilt dies nur auf ausdrückliches Verlangen der antragstellenden Person.

(3) Soweit Umfang und Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigen, kann die Frist des Absatzes 1 auf bis zu zwei Monate verlängert werden. Die antragstellende Person ist über die Fristverlängerung und deren Gründe innerhalb der Frist des Absatzes 1 schriftlich zu unterrichten (Zwischenbescheid). Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. § 8 Absatz 4 bleibt unberührt.

(4) Wird der Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft nicht innerhalb der in Absatz 1 bestimmten Frist beschieden, so gilt dies als Ablehnung, sofern nicht fristgerecht ein Zwischenbescheid erlassen wird.

(5) Im Falle der vollständigen Verweigerung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft hat die öffentliche Stelle auch zu begründen, weshalb keine beschränkte Akteneinsicht oder Aktenauskunft in dem von § 10 bestimmten Umfang erteilt werden kann.

§ 14 Kosten

(1) Für Amtshandlungen, die aufgrund dieses Gesetzes vorgenommen werden, sind Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben. Die Gebühren sind so zu bemessen, daß zwischen dem Verwaltungsaufwand einerseits und dem Recht auf Akteneinsicht und Aktenauskunft andererseits, ein angemessenes Verhältnis besteht. Die Auslagen entsprechen den tatsächlich entstandenen Kosten. Kostenregelungen nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, die Gebührentatbestände und die Höhe der Gebühren durch Rechtsverordnung (Gebührenordnung) zu bestimmen.

(3) Für Amtshandlungen in Selbstverwaltungsangelegeneiten von Gemein-den, Landkreisen und Gemeindenverbänden, die aufgrund dieses Gesetztes vorgenommen werden, bleiben die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes unberührt.

§ 15 Anrufung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz

(1) Eine Person, die der Ansicht ist, daß ihr Informationsersuchen zu Unrecht abgelehnt oder nicht beachtet worden ist oder daß sie von einer öffentlichen Stelle eine unzulängliche Antwort erhalten hat, kann den oder die Landesbeauftragte für den Datenschutz anrufen. Die Regelungen des Landesdatenschutzgesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz finden entsprechend Anwendung.

(2) Die Vorschriften über den gerichtlichen Rechtsschutz bleiben unberührt.
 

4. Abschnitt - Schlußvorschriften

§ 16 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 11 Abs. 9 die durch Akteneinsichten oder Aktenauskünfte erhaltenen Informationen zu gewerblichen Zwecken veröffentlicht, speichert oder sammelt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Deutsche Mark geahndet werden.
 

§ 17 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündigung in Kraft.



 
 
 

Stuttgart, den 01.12.2000

Dr. Schlierer, Deuschle, Käs, König, Krisch, Herbricht, Rapp und Fraktion


Begründung:

I. Allgemeines

a. Für das Land Baden-Württemberg gibt es bis zum derzeitigen Zeitpunkt keine Gesetzesgrundlage auf Landesebene, durch die seinen Bürgern ein umfassendes Recht auf freien Informationszugang und Verbreitung dieser Informationen gewährleistet wurde; auch auf höherer Ebene wurde dieses Recht bisher nicht gesetzlich verankert.
Zwar gibt es schon seit längerer Zeit auf Bundesebene die Ankündigung, ein Gesetz zur Informationsfreiheit zu schaffen, aber - trotz einer entsprechenden Vereinbarung im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung - wurde dieser Ankündigung bisher noch nicht entsprochen.
Dieser Zustand wird von verschiedener Seite kritisiert; insbesondere hat der Deutsche Journalisten Verband (DJV) in jüngster Zeit ein umfassendes Recht auf Akteneinsicht in öffentlichen Einrichtungen gefordert, mit dem für alle natürlichen und juristischen Personen ein umfassendes ”Recht zu wissen” eingeführt werden soll.
 
Soweit und solange auf höherer, d.h. insbesondere auf Bundesebene dem Recht auf freien Informationszugang nicht entsprochen wurde, wird durch den vorliegenden Gesetzesentwurf dem vorgenannten Bedürfnis für das Land Baden-Württemberg entsprochen, um insbesondere einen vergleichbaren Standard mit den drei Bundesländern (Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein) zu erreichen, die diesem Erfordernis bereits in der Vergangenheit nachgekommen sind.

Gerade im heutigen Zeitalter der multimedialen Vernetzung und der immer weiter werdenden Verbreitung des Internets ist für den interessierten Bürger ein Spektrum geschaffen worden, welches ihm ein zuvor nie da gewesenes Angebot an Informationen in (nahezu) allen Bereichen bietet.
Damit ist auch ein steigendes Informationsbedürfnis der interessierten Bürger mit einhergegangen.

In einer Zeit dieses immer freier werdenden Informationstransfers, wird es - insbesondere im Hinblick auf die freie Meinungs- und Willensbildung bzw. in Bezug auf eine bürgernahe Demokratie - für ein demokratisches Bundesland immer schwieriger, dieses Bedürfnis weiter zu ignorieren, ohne an eigener Glaubwürdigkeit erheblich einbüßen zu müssen.
 
b. Aus den vorgenannten Gründen wird es für das Land Baden-Württemberg nunmehr dringend erforderlich, daß dieses die ihm zustehende Gesetzgebungskompetenz wahrnimmt und für sein Gebiet ein Gesetz zum Schutz des freien Informationszugangs schafft.
 
II. Einzelbegründung
 
zu § 1 – Gesetzeszweck
 
a. Die Bestimmung des Gesetzeszwecks erfolgt an vorderster Stelle, um diese Normierung - die vornehmlich zur Auslegung der jeweiligen Normen heranzuziehen ist - gleichsam vor die Klammer zu ziehen.
Durch § 1 Satz 1 wird des weiteren klargestellt, daß durch dieses Gesetz die bereits bestehenden Informationsmöglichkeiten grundsätzlich verbessert und nicht beschränkt werden. Dies geschieht insbesondere im Hinblick auf  eine Stärkung der demokratischen Meinungs- und Willensbildung und um eine verbesserte Kontrolle des staatlichen Handelns zu gewährleisten; unter dem Begriff des staatlichen Handelns im vorgenannten Sinne ist - wie sich u.a. aus einer Zusammenschau mit § 2 Absatz 2 ergibt - vornehmlich der Bereich der Exekutive zu verstehen.
 
b. In § 1 Satz 2 wird festgelegt, unter welchen Voraussetzungen und Einschränkungen das Informationsrecht der Öffentlichkeit gewährt wird. Die diesbezüglichen Voraussetzungen werden im 3. Abschnitt und die jeweiligen Einschränkungen im 2. Abschnitt geregelt.

zu § 2 – Begriffsbestimmungen

a. Die Norm des § 2 dient in erster Linie dazu, exakt gesetzlich bestimmte Definitionen (sog. Legaldefinitionen) zu schaffen, die ein sorgfältiges Arbeiten mit diesem Gesetz ermöglichen; darüber hinaus wird in Absatz 1 festgelegt, daß es bei den dortig bestimmten öffentlichen Stellen nicht darauf ankommt, ob Bundes- oder Landesrecht  oder das Recht der Europäischen Gemeinschaft ausgeführt wird.

b. Die Intention des § 2 Absatz 1 liegt darin, eine möglichst lückenlose Definition der öffentlichen Stellen, die zur Gewährung des Informationsrechts verpflichtet sind, zu gewährleisten.
Durch Absatz 2 werden hingegen - durch die Bestimmung es Ausschlußkataloges - bestimmte Behörden ausgenommen, wobei in diesem Zusammenhang deutlich wird, daß durch das vorliegende Gesetz vornehmlich die Exekutivbehörden verpflichtet werden.
Absatz 3 ist aus sich selbst heraus verständlich und gewährleistet wiederum eine möglichst umfängliche und lückenlose Begriffsbestimmung, was durch das Wort ”insbesondere” zum Ausdruck kommt.

zu § 3 – Informationszugangsrecht

Durch diese Bestimmung wird zum einen der Kreis der Anspruchsteller weitest möglich gefaßt und zum anderen zwei weitere Legaldefinitionen, hier der ”Akteneinsicht” und der ”Aktenauskunft”, normiert.

zu § 4 – Anwendungsbereich

Mit der Bestimmung des Anwendungsbereiches dieses Gesetztes wird - in Ergänzung zu § 1 - klargestellt, daß dieses Gesetz das Informationszugangsrecht der Antragsteller stärkt bzw. erweitert.
Ferner wird deklaratorisch darauf verwiesen, daß nicht in unzulässiger Weise in andere gesetzliche Bestimmungen eingegriffen wird.

zu § 5 – Umfang des Informationszugangsrechts

Die Normierung des Umfang des Informationszugangsrechts legt fest, daß von dem beantragten Umfang der Gewährung des Informationszugangsrechts, soweit nicht Vorschriften anderer Gesetze greifen, zum Nachteil der antragstellenden Person nur dann abgewichen werden darf, wenn eine explizit im 2. Abschnitt dieses Gesetztes geregelte Ausnahme eingreift.
Zugleich wird durch diese Bestimmung eine Überleitung zum 2. Abschnitt dieses Gesetzes geschaffen.

zu § 6 – Amtsverschwiegenheit

Soweit Belange der §§ 79 ff des Landesbeamtengesetzes durch die Gewährung des Informationszugangsrechts berührt werden, ist die gem. § 79 Absatz 2 des Landesbeamtengesetzes erforderliche Genehmigung zusammen mit der beantragten Entscheidung auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft von Amts wegen zu beantragen, um für die antragstellende Person eine zügige und unkomplizierte Durchführung der Akteneinsicht oder Aktenauskunft zu gewährleisten.

zu § 7 – Schutz überwiegender privater Interessen

a. Soweit zumindest einer der in  Absatz 1 Satz 1 normierten schutzwürdigen Privatbelange (Schutz der personenbezogenen Daten, des geistigen Eigentums und der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) durch die Gewährung des Informationszugangsrechts tangiert wird, darf der antragstellenden Person der Informationszugang nur beim Eingreifen einer der in den Absatz 2 oder 3 normierten Voraussetzungen gewährt werden.
In Satz 2 werden bestimmte Berufs- und Amtsgeheimnisse, auch wenn sie nicht in gesetzlichen Vorschriften geschützt sind, bezüglich ihres Schutzes den gesetzlichen Geheimhaltungspflichten gleichgestellt.

b. In Absatz 2 sind verschiedene Voraussetzungen normiert, bei deren Vorliegen der antragstellenden Person ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung der aktenführenden Stelle erwächst.
Im Gegensatz zu Absatz 2 Nr. 1 und 2 ist Nr. 3 eine offen gefaßte Bestimmung, die grundsätzlich in allen Fällen der antragstellenden Person eine Ermessensentscheidung eröffnet. Diese Offenheit auf der einen Seite wird dadurch kompensiert, daß auf der anderen Seite bei der Ermessensentscheidung eine konkrete Abwägung zwischen den sich widerstreitenden Interessen stattfinden muß; durch Absatz 2 Nr. 3 - 2. Halbsatz wird klargestellt, daß bei tatsächlichen Anhaltspunkten für das Vorliegen einer strafbaren Handlung der betroffenen Person grundsätzlich keine Schutzwürdigkeit an deren Geheimhaltung gewährt wird.

c. Die Vorschrift des Absatz 3 legt fest, daß bei der Gewährung des Informationszugangsrechts die Offenbarung der Mitwirkung eines Amtsträgers in dem festgelegten Umfange grundsätzlich zulässig ist und nur ausnahmsweise beim Vorliegen überwiegend schutzwürdiger Belange des Amtsträgers nicht offenbart werden darf.
Da der Begriff des Amtsträgers schwerlich einer geschlechtsneutralen Formulierung zugänglich ist, wurde in Absatz 3 Satz 2 klarbestellt, daß mit diesem Begriff selbstverständlich sowohl weibliche, als auch männliche Personen in dieser Eigenschaft bezeichnet werden.

zu § 8 – Schutz überwiegender öffentlicher Interessen

a. In den in § 8 Absatz 1 abschließend bestimmten Fällen muß das Ersuchen der antragstellenden Person abgelehnt werden, d.h. es findet im Gegensatz zu den in Absatz 2 bestimmten Fällen keine Ermessens-entscheidung, insbesondere auch keine Abwägung der widerstreitenden Interessen statt.

b. Die Bestimmung des Absatz 2 legt die Voraussetzungen fest, bei deren Vorliegen das Informationsersuchen angelehnt werden kann, d.h. es findet an dieser Stelle eine Ermessensentscheidung statt. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung wird wiederum eine konkrete Abwägung zwischen den sich widerstreitenden Interessen und eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen.
Das Informationsersuchen der antragstellenden Person kann nur abgelehnt werden, wenn deren Informationsinteresse - welches sich an den Grundsätzen des § 1 orientiert - das entgegenstehende öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Information nicht unerheblich überwiegt, d.h. im Zweifelsfall ist dem Informationsersuchen der antragstellenden Person zu entsprechen.

c. Der Vorschrift des Absatz 4 liegt die Überlegung zugrunde, daß in den Absätzen 1 und 2 bestimmte Ausschußtatbestände naturgemäß nur für einen vorübergehenden Zeitraum zum Tragen kommen.
Diesem Umstand wird dadurch Rechnung getragen, daß die öffentliche Stelle in diesen Fällen nur für einen Zeitraum von maximal drei Monaten das Informationszugangsrecht verweigern darf und diese Entscheidung entsprechend befristen muß. Im Ergebnis wird durch die Norm des Absatz 4 gewährleistet, daß der Informationszugang unter Berufung auf  Absatz 1 Nr. (b) und (c) und Absatz 2 Nr. (b) bis (e) nicht länger vorenthalten werden darf, als es durch das Vorliegen dieser Voraussetzungen erforderlich ist.

zu § 9 – Gefährdung des Gemeinwohls

Diese Norm stellt einen Auffangtatbestand dar, der nur dann eingreift, wenn die dortig normierten Belange schwerwiegend, d.h. von erheblichem Gewicht sind. Darüber hinaus verweist § 6 auf diese Norm und bestimmt zusammen mit § 9 unter welchen Voraussetzungen die gem. § 79 Absatz 2 des Landesbeamtengesetzes erforderliche Genehmigung versagt werden darf.

zu § 10 – Beschränkte Akteneinsicht oder Aktenauskunft

a. In Absatz 1 wird festgelegt, daß das Informationszugangsrecht der antragstellenden Person nicht weiter begrenzt werden darf, als es nach den Einschränkungen der §§ 6 - 9 unbedingt erforderlich ist. Soweit nach diesen Normen eine Beschränkung des Informationszugangsrechts erforderlich wird, sind geeignete Vorkehrungen zu treffen, das Informationszugangsrecht weitmöglichst aufrechtzuerhalten; darüber hinaus ist die Beschränkung der antragstellenden Person mitzuteilen.

b. Durch die Bestimmung des Absatzes 2 sollen die aktenführenden öffentlichen Stellen angehalten werden, nach Möglichkeit in geeigneten Fällen die Akten bereits so zu führen, daß eine etwaig erforderliche Abtrennung unschwer und ohne besonderen Kosten- und Zeitaufwand erfolgen kann.

zu § 11 – Antragstellung, Durchführung der Akteneinsicht und Aktenauskunft

a. In § 11 Absatz 1 Satz 1 wird festgelegt, daß der Antrag auf Akteneinsicht und Aktenauskunft grundsätzlich schriftlich gestellt werden soll, um den angesprochenen öffentlichen Stellen die Bearbeitung des an sie gestellten Anliegens zu erleichtern; durch die Auswahl einer ”Soll-Bestimmung” ist zugleich dem Umstand Rechnung getragen, daß in geeigneten Fällen - wie beispielsweise wegen besonderer Eilbedürftigkeit des Gesuchs -  von dieser Voraussetzung abgewichen werden darf. Ferner wird festgelegt, daß der Antrag bei der aktenführenden öffentlichen Stelle zu stellen ist.
Durch Satz 2 und 3 wird der Grundsatz begründet, daß die antragstellende Person die betreffende Akte so genau bezeichnen soll, als es ihr möglich ist, wobei ihr die öffentliche Stelle hierbei erforderlichenfalls behilflich ist.
Satz 4 bestimmt, daß die antragstellende Person der öffentlichen Stelle die entscheidungs-erheblichen Informationen darlegen muß, d.h. die öffentliche Stelle ist nicht zu Ermittlungen von Amts wegen verpflichtet. Aus Praktika-bilitätsgründen erfolgt die Akteneinsicht gem. Satz 6 bei der aktenführenden öffentlichen Stelle, womit zugleich deutlich wird, daß bei dieser öffentlichen Stelle die hierfür erforderlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen; dem letztgenannten Umstand trägt Satz 7 Rechnung.

b. Absatz 3 berücksichtigt den Umstand, daß sich in den Akten, auf die sich das Ersuchen bezieht, auch Teile behördenfremder Akten befinden können; soweit dies der Fall ist, soll zur Aufrechterhaltung der jeweiligen Behördenkompetenz - insbesondere zur Berücksichtigung  der in § 11 Absatz 1 Satz 1 und 6 festgelegten Grundsätze - der antragstellenden Person die entsprechenden Aktenteile nicht ausgehändigt werden. Damit die antragstellende Person ihr Anliegen möglichst umgehend weiterverfolgen kann, wird sie über diesen Umstand und über den Namen und Sitz der entsprechenden aktenführenden öffentlichen Stelle informiert.

c. In vielen Fällen ist es über die durch Absatz 4 erlaubte Möglichkeit, sich Notizen anfertigen zu dürfen, erforderlich, daß der antragstellenden Person gemäß Absatz 5 auch die Möglichkeit eröffnet wird, für ihren Gebrauch Ablichtungen anzufertigen. Soweit dieser Möglichkeit Urheberrechte entgegenstehen, hat die öffentliche Stelle die erforderliche Einwilligung der berechtigten Personen von Amts wegen einzuholen. Bei Versagung der Einwilligung besteht kein Anspruch auf Anfertigung von Ablichtungen, wohl aber nach wie vor ein Anspruch auf freien Informationszugang.

d. Durch Absatz 7 soll ein rechtsmißbräuchlicher Umgang mit dem Recht auf freien Informationszugang möglichst ausgeschlossen werden. Soweit die begehrten Informationen auch aus allgemein zugänglichen Quellen beschafft werden können, kann die antragstellende Person auf diese Möglichkeit verwiesen werden,  wenn sie die hierfür erforderlichen Fundstellen von der befragten öffentlichen Stelle erhält. Das in diesem Zusammenhang wohl wichtigste Medium, das Internet, wurde besonders hervorgehoben.

e. In Absatz 8 ist der Umstand berücksichtigt, daß der Informationszugang von der Zustimmung Dritter abhängig sein kann. In einem solchen Fall hat die öffentliche Stelle die Zustimmung des Dritten von Amts wegen einzuholen, da diese Möglichkeit der antragstellenden Person in vielen Fällen, ohne Kenntnis des Akteninhaltes, nicht möglich sein wird. Durch Satz 2 und 3 wird eine zeitlich überschaubare Bearbeitung auch solcher Anträge gewährleistet, in denen das Informationszugangsrecht von der Zustimmung Dritter abhängt; insbesondere wird durch die in Satz 2 bestimmte zweimonatige Frist gewährleistet, daß die befragte öffentliche Stelle, die in § 13 Absatz 3 normierte Voraussetzung einhalten kann.

f. Zur Vorbeugung einer etwaigen Mißbrauchsgefahr verbietet Absatz 9 einen kommerziellen Umgang mit den durch Akteneinsichten oder Aktenauskünften erhaltenen Informationen, wobei journalistische und redaktionelle Tätigkeiten grundsätzlich nicht kommerziellen Zwecken im vorgenannten Sinne darstellen. Ein Verstoß gegen die Bestimmung des Absatz 9  kann gem. § 16 als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 10.000,00 DM geahndet werden.
 

zu § 12 – Entscheidung, Anhörung der betroffenen Person

a. Nach Absatz 1 Satz 1 hat die öffentliche Stelle über einen Antrag auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft so schnell es ihr möglich ist zu entscheiden. Um die Einhaltung der in diesem Gesetz festgelegten Voraussetzungen zu gewährleisten, hat eine entsprechende Überprüfung der Entscheidung durch die öffentliche Stelle zwingend voranzugehen. Soweit gem. § 11 Absatz 1 Satz 1 ausnahmsweise eine mündliche Antragstellung zulässig ist, soll nach Satz 3 dem Ersuchen grundsätzlich sofort entsprochen werden, was insbesondere den Fällen gerecht werden soll, in denen wegen besonderer Eilbedürftigkeit von dem Erfordernis eines schriftlichen Antrages abgesehen wurde. Satz 4 regelt hingegen den Normalfall der schriftlichen Antragstellung und verpflichtet die aktenführende öffentliche Stelle dazu, der antragstellenden Person die Zeiten mitzuteilen, in denen Akteneinsicht bzw. Aktenauskunft vor Ort gewährt wird.

b. Soweit durch die Gewährung von Akteneinsicht bzw. Aktenauskunft Belange betroffener Personen berührt werden, ist diesen gem. Absatz 2 Satz 1 ein auf zwei Wochen befristetes Anhörungsrecht eingeräumt. Satz 2 bestimmt, daß auch die betroffenen Personen über die Entscheidung der öffentlichen Stelle unterrichtet werden. Die Sätze 3 und 4 bestimmen in Abweichung zu § 13 andere Bescheidungsfristen, die es den betroffenen Personen ermöglichen, durch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage eine Überprüfung darüber herbeizuführen, ob ihre Belange in unzulässiger Weise berührt wurden, bevor die sie berührenden Informationen preisgegeben werden und somit die Möglichkeit einer Überprüfung praktisch nicht mehr möglich wäre, da bereits irreversible Tatsachen geschaffen werden würden.

c. Absatz 3 bestimmt, daß in Abweichung von § 68 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auch dann ein Widerspruchsverfahren eine verwaltungsgerichtliche Klärung voranzugehen hat, wenn die Ausgangsentscheidung von einer obersten Verwaltungsbehörde erlassen worden ist.

zu § 13 – Begründungspflicht und Bescheidungsfristen

a. Die gesamte Vorschrift des § 13 dient dazu, daß dem Anliegen der antragstellenden Person möglichst umgehend und vollständig entsprochen wird. Soweit nicht Belange betroffener Personen berührt werden, hat die öffentliche Stelle gem. Absatz 1 über gestellte Anträge so schell es ihr möglich ist zu entscheiden; grundsätzlich ist dabei eine zeitliche Obergrenze von einem Monat einzuhalten.

b. Eine vollständige oder auch nur teilweise Ablehnung des Gesuchs der antragstellenden Person ist von der aktenführenden öffentlichen Stelle gem. Absatz 2 Satz 1 innerhalb der grundsätzlich geltenden Monatsfrist des Absatz 1 schriftlich zu begründen, um der antragstellenden Person eine Überprüfung der Entscheidung in zeitlich überschaubaren Rahmen zu ermöglichen. Soweit es für diese Begründung erforderlich und ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Belage möglich ist, wird die antragstellende Person gem. Absatz 2 Satz 3 über den Inhalt der vorenthaltenen Akten informiert.

c. Absatz 3 trägt dem Umstand Rechnung, daß es in den dort normierten Fällen gerechtfertigt sein kann, die Monatsfrist des Absatz 1 auf bis zu zwei Monate zu verlängern. Bei den in § 8 Absatz 4 normierten Fällen verbleibt es bei der dort bestimmten dreimonatigen Frist bzw. Befristung. Die Bestimmung des Absatz 3 gewährleistet durch den obligatorisch vorgesehenen Zweitbescheid, daß die aktenführende öffentliche Stelle angehalten ist, innerhalb der in Absatz 1 bestimmten Monatsfrist zu reagieren und die antragstellende Person über die Gründe der Fristverlängerung unterrichtet wird. Ergänzt wird diese Regelung durch Absatz 4, der bestimmt, daß im Falle eines nicht rechtzeitigen Erlasses einer Entscheidung oder eines Zwischenbescheides bereits dieser Umstand als Ablehnung gilt, um der antragstellenden Person die Anrufung der Widerspruchsbehörde bzw. eine anschließende Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges zu ermöglichen.

d. Durch Absatz 5 wird wiederum der Umstand berücksichtigt, daß dem Ersuchen der antragstellenden Person möglichst umfassend entsprochen wird, soweit dies nach den Vorschriften dieses Gesetzes möglich ist.

zu § 14 – Kosten

Die Frage der durch dieses Gesetz hervorgerufenen Kosten, im Sinne der in Absatz 1 normierten  Legaldefinition, wurde an dieser Stelle unter Berücksich-tigung der allgemein im Gebührenrecht geltenden Grundsätze des Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzips geregelt.
Durch die in Absatz 2 bestimmte Ermächtigung der Landesregierung eine Gebührenordnung zu erlassen, die sich an den vorgenannten Grundsätzen zu orientieren hat, wird eine flexible Möglichkeit für die hier relevante Frage der Kostenregelung geschaffen.
Durch Absatz 1 Satz 4 und Absatz 3 wird festgelegt, daß die Kostenregelung nach diesem Gesetz nur subsidiär zur Anwendung gelangt, d.h. im Ergebnis nur eine lückenschließende Funktion für die Frage der Kostenregelung wahrnimmt.

zu § 15 – Anrufung der oder des Landesbeauftragten für den Datenschutz

Durch die für die antragstellende Person gem. § 15 geschaffene Regelung, die oder den Landesbeauftragten für den Datenschutz in den dort normierten Fällen anzurufen, wird für die antragstellende Person neben dem ihr zustehenden gerichtlichen Rechtsschutz eine weitere Möglichkeit eröffnet, ihr Recht auf freien Informationszugang, welches ihr nach diesem Gesetz gewährt wird, umfassend zu schützen.
Hiermit wird der antragstellenden Person eine Möglichkeit eröffnet, die für sie - im Gegensatz zum Widerspruchsverfahren und dem gerichtlichen Verfahren - keine Kosten verursacht und in vielen Fällen auch eine schnellere Kontrolle eröffnet.
Von der Errichtung eines eigenständigen Amtes für eine oder einen Landesbeauftragte(n) für das Recht auf freien Informationszugang wurde bewußt abgesehen, da diese Aufgaben sowohl in Bezug auf die Sachkompetenz und auch in Bezug auf den zu erwartenden Umfang der Anfragen, von dem bereits bestehenden Amtsträger des oder der Landesbeauftragten für den Datenschutz wahrgenommen werden kann.

zu § 16 – Ordnungswidrigkeiten

In § 16 ist der einzige Ordnungswidrigkeitentatbestand dieses Gesetztes geregelt, nachdem sowohl der vorsätzliche, als auch der fahrlässige Verstoß gegen § 11 Absatz 9 mit einer Geldbuße bis zu 10.000,00 DM geahndet werden kann. In Bezug auf die Zielsetzung dieser Normierung kann auf die Erläuterungen zu § 11 Absatz 9 verwiesen werden. Bei der Bemessung der Höhe der zulässigen Geldbuße wurde insbesondere berücksichtigt, daß in vielen Fällen eine vorsätzliche Begehung einer diesbezüglichen Ordnungswidrigkeit nicht nachweisbar sein wird und gem. § 17 Absatz 2 OWiG die nur fahrlässige Begehung einer Ordnungswidrigkeit nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages geahndet werden kann.

zu § 17 – Inkrafttreten

Das Gesetz tritt nach seiner Verkündung in Kraft.