Informations-Freiheits-Gesetz
das
Bürgerrecht auf ungehinderten Informationszugang
Gesetzentwurf der Fraktion
Die Republikaner
Einbringung durch Wolf
Krisch MdL
unter Mitarbeit von R.A.
Welten
101. Sitzung und
103. Sitzung des 12.
Landtags von Baden-Württemberg
Einleitung
Die hier wiedergegebenen Texte sind Auszüge
aus dem Landtagsprotokoll.
Es gilt das gesprochene Wort. Das
vollständige Landtagsprotokoll ist abzurufen im Internet des Landtags
www.landtag-bw.de/ Drucksachen
bzw. ist erhältlich von der Fraktion Die Republikaner.
Nur durch die Überweisung an den zuständigen
Ausschuß wurde es möglich, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode
zur zweiten, abschließenden Beratung in der letzten 103. Sitzung
des Landtags und damit noch vor der Land-tagswahl 2001, einzubringen.
Es ist interessant, das
Verhalten der Fraktionen vier Wochen vor der Landtagswahl zu erleben.
Würde der Gesetzentwurf abgelehnt – dann dokumentierten diese Fraktionen Machtmißbrauch und Arroganz der Macht, mißachteten die Bürger, schränkten deren Freiheit zum Informationszugang und zum Wissenszugang bewußt ein und nützten so den eigenen Wissensvorsprung zum Nachteil der Wähler – verhielten sich also undemokratisch.
Würde dem
Gesetzentwurf der Republikaner zugestimmt, dann wäre vier Wochen vor
der Wahl dokumentiert, daß Die Republikaner tatsächlich gute
Arbeit zum Wohl des Landes und unserer Bürger leisten.
Würden
die vier anderen Fraktionen das zulassen?
Was
sind Inhalt und Grundlagen dieses Gesetzentwurfes?
Das Informationsfreiheitsgesetz soll jedem
Bürger das Recht auf ungehinderten Zugang zu Akteneinsicht und Aktenauskunft
bei öffentlichen Stellen, und zwar für nicht-kommerzielle Zwecke
sichern, mit der Möglichkeit, dieses Recht gegenüber öffentlichen
Stellen gerichtlich durchzusetzen.
Die Rechte Dritter und der Datenschutz
werden im Gesetz ebenso berücksichtigt wie das öffentliche Interesse
oder das Gemeinwohl. Die Art und Weise des Informationszuganges,
Kosten
und zeitlicher Ablauf sind im Gesetz geregelt, wie auch die Gründe
zur Ablehnung eines Antrages auf Informationszugang.
Das Gesetz stärkt die Position
des freien Bürgers gegenüber Behörden und Verwaltungen,
schützt vor Willkür und Machtmißbrauch, und wird schon
durch seine bloße Existenz manche Fälle von Korruption
und Machtmißbrauch verhindern.
Das
Gesetz stärkt unsere Demokratie.
101. Plenarsitzung - Punkt 7 der Tagesordnung:
Erste Beratung - Gesetzentwurf
der Fraktion Die Republikaner –
Gesetz
zum Schutz des
freien
Informationszugangs in Baden-Württemberg (Landesinformationsfreiheitsgesetz
– IFG)
– Drucksache 12/5776
Stellv. Präsident Birzele:
Herr Abg. Krisch, Sie erhalten das Wort.
Abg. Krisch REP:
....
Die Grundlage unserer Demokratie ist
die Freiheit - denn Demokratie ohne Freiheit gibt es nicht.
Freiheit beinhaltet selbstverständlich
auch Verantwortung.
Diese Freiheit verpflichtet zur Einhaltung
gesellschaftlicher und rechtlicher Regeln; denn sonst wird Freiheit zur
Anarchie und zerstört die Gesellschaft.
Meilensteine zur Freiheit sind beispielsweise
das Hambacher Fest und die Freiheitskämpfe in Baden. Bauernaufstände
früherer Zeiten oder weltweite Freiheitsbewegungen sind alles Forderungen
nach Freiheit.
Menschen wollen frei sein.
Ich habe ganz bewußt noch eine Zeit
erlebt, die Jüngere nur vom Hörensagen kennen.
Sage keiner, 8- und 9-jährige wissen
nicht, was um sie herum vorgeht.
Selbst 1944 noch habe ich manches Schöne
erlebt, doch auch viele Dinge, die bei dem damals Zehnjährigen zu
zwei Entschlüssen führten. Der erste:
Wenn ich groß bin, wird mir niemand
Befehle erteilen.
Der zweite: Wenn ich groß
bin, werde ich nie und nimmer Uniform tragen.
Beides könnte man als Drang zur Freiheit
bezeichnen.
An beides habe ich mich im wesentlichen
halten können.
Allerdings sehe ich heute den Begriff
Uniform weiter gehend als damals der Zehnjährige.
Denn Uniform als Kleidung ist doch
nur der Ausdruck einer tiefer gehenden Einstellung.
Der Begriff Uniform ist ein Hinweis
auf die Uniformierung der Gedanken, auf die Uniformierung der Persönlichkeit.
Uniform sind deshalb nicht nur Springerstiefel
oder Designerkleidung oder Punkerfrisur.
Uniform ist auch "big-brother-denken"
und Verhalten.
Uniform in
diesem weiter gehenden Sinn ist auch dasBetroffenheitsritual nach jeder
„Bild“-Zeitungsmeldung:
die Betroffenheit zum Beispiel nach
dem Düsseldorfer Handgranatenanschlag der Russen-Mafia, also nach
einem Bandenkrieg unter Rußlandaussiedlern.
Uniformin
diesem Sinne ist auch das Betroffenheitsritual,
wenn Palästinenser oder Islamisten ihren Krieg gegen Israel an Synagogen
in Deutschland führen.
Uniformist,
wenn ein Bundeskanzler die Behauptungen einer kranken, damit bemitleidenswerten
SPD-Stadträtin durch persönliche Anteilnahme adelt.
Diese geistige Uniform
ist die wahre Gefahr für unsere Demokratie.
Terror und die Morde der RAF haben wir
doch ohne Schaden für unsere Demokratie überstanden. Sie wurde
dadurch eher gefestigt.
Wenn Schaden entstand, dann heute, wo
einige der damaligen Terroristenfreunde – auch aus der Partei der Grünen
- in einflußreiche Positionen gerückt sind.
Die ernst zu
nehmende Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung
ist der Bürger ohne eigenes Denken.
Die Gefahr ist der zur Duldsamkeit
und zur Fernsehkultur erzogene Bürger,
der kritikunfähige Bürger.
Die Gefahr liegt in der Uniformierung
des Denkens, im fehlenden kritischen Nachdenken und Querdenken.
Um querdenken und nachdenken zu können,
sind Wissen und Information Voraussetzung.
Der Wissenserwerb, der Zugang zu Information
setzt wiederum den freien, ungehinderten Zugang zu dieser Information voraus.
Genau das sichert der vorliegende Gesetzentwurf,
der damit ein Grundstein unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung
sein wird.
Drei Bundesländer – Schleswig-Holstein,
Brandenburg und Berlin
– haben das vor uns erkannt und Informationsfreiheitsgssetze geschaffen.
Die Bundesregierung müht sich mit
Vorbereitungen. Sie hat das in ihrem Koalitionsvertrag stehen.
Baden-Württemberg
war in politischen Dingen immer ein Vorreiter.
Wir waren immer Wegbereiter, Visionäre
und Anstoßer.
Baden-Württemberg hat die längste
demokratische Kultur und Geschichte in Deutschland.
Darauf sind wir stolz.
Diese Geschichte und diese demokratische
Vergangenheit Baden-Württembergs muß uns Verpflichtung sein.
Artikel 2 unseres Grundgesetzes
betrifft die Freiheit der Person.
Artikel 5 unseres Grundgesetzes
besagt,
jeder habe das Recht, sich frei zu äußern und sich ungehindert
zu unterrichten.
Dieses Recht wird durch viele praktische,
politische und verwaltungsrechtliche Schranken eingegrenzt.
Dem
muß zum Wohle unserer Demokratie begegnet werden.
Das ist Sinn und Zweck dieses Gesetzentwurfs.
Jetzt mögen Sie, die Abgeordneten
der anderen Fraktionen, im Einzelnen an dem Gesetzentwurf Kritik üben.
Dazu sind die Ausschußberatungen da, um Änderungen oder Verbesserungen
auch aus Ihrer Sicht vorzunehmen.
Wer dieses Gesetz jedoch
grundsätzlich ablehnt, der kritisiert nicht nur drei deutsche Bundesländer,
der kritisiert nicht
nur die Bundesregierung und deren Koalitionsvertrag,
sondern der muß
sich ernsthaft fragen lassen, wie er oder sie es denn mit unserer freiheitlich-demokratischen
Grundordnung hält.
Ein
Demokrat stimmt dem Gesetzentwurf zu.
Abg. Dr. Reinhart
CDU: ....
.... ist das, was Sie (die Republikaner)
hier wollen, eine Totalnormierung. ....
Gerade der Verzicht auf eine Regelungswut
hat auch mit Demokratie und mit Freiheitsrechten zu tun. ....
Wir werden diesen vorgelegten Gesetzentwurf
der Republikaner ablehnen. ....
Das Gesetz ist ein Hemmnis auch für
den mündigen Beamten, dem wir vertrauen. ....
Auch Kosten würden entstehen .....
das Land Baden-Württemberg (ist)
mustergültig .... hinsichtlich der Gesetzesfolgenabschätzung
.....
Denn man muß immer die Folgen ermitteln
....
vor allem fragen: Erforderlich? Zweckmäßig?
Geeignet?
.... auch darin .... eine Aufgabe sehen,
daß wir solche unsinnigen Gesetze nicht erst erlassen.
l Als
einzige Fraktion im Landtag haben die Republikaner seit 1992 immer wieder
nach Gesetzesfolgen gefragt, vor der Verabschiedung von Gesetzen eine Prüfung
der Folgekosten und der Folgen neuer Gesetze verlangt. Das wurde immer,
auch
von der CDU, abgelehnt.
Stellv. Präsident Birzele:
Das Wort erhält Herr Abg. Jacobi.
Abg. Jacobi Die
Grünen: ....
Die Republikaner haben uns einen ....
diskussionswürdigen Gesetzentwurf vorgelegt. ....
.... In der nächsten Legislaturperiode
muß ein solches Gesetz .... beschlossen werden.
Stellv. Präsident Weiser: Das
Wort hat Herr Abg. Kluck.
Abg. Kluck FDP/DVP:
....
.... muß ich meiner Verwunderung
darüber Ausdruck geben, daß ausgerechnet
Sie, Herr Krisch, sich erdreisten, die Demokratie und die bürgerlichen
Freiheiten zu beschwören.
Sie sind der
Allerletzte.
Die Fraktion, die sich hier Die Republikaner
nennt, obwohl Sie mit Republik gar nichts zu tun haben, will jetzt kurz
vor Toresschluß noch einmal den Eindruck erwecken, als ob sie auch
zu solider Sacharbeit in der Lage sei. Deswegen hat sie diese Fleißarbeit
vorgelegt.....
.... Im Moment sehen wir für ein
solches Gesetz überhaupt keine Notwendigkeit. .... werden
wir den Gesetzentwurf ablehnen.
Abg. Krisch REP:
....
Ich möchte ein Wort von Dr. Hans-Günther
Weber zitieren:
“Nur
ein Volk, das sich zur Freiheit bekennt, wird vor der Geschichte bestehen.
Ein
Volk ohne Freiheit ist nichts.“
Damit ganz kurz zu meinen vier Vorrednern.
Herr Kluck hat sich wieder einmal als Landtagskasper bewährt.
Herrn Jacobi spreche ich meinen Respekt aus.
Die SPD hat ein Problem.
Sie haben ständig das Thema Kosten
– Kosten – Kosten hervorgehoben.
Ich frage Sie: Wie wollen Sie in der Bundesregierung
Ihren eigenen Koalitionsvertrag umsetzen, in der ein solches Gesetz zur
Informationsfreiheit ausdrücklich festgeschrieben ist?
Wieviel ist Ihnen das Grundrecht jeder
Demokratie, die Meinungsfreiheit, denn wert?
Der Schlüsselsatz aller vier Vorredner,
war – ob ausgesprochen oder nicht:
„Wir werden ein gleiches Gesetz in Zukunft
vorlegen.“
(Abg.
Bebber SPD: Nein, besser!)
Genau das haben wir erwartet. Damit können
wir rechnen.
Genau das passiert regelmäßig
mit unseren Anträgen:
Sie lehnen ab, und kurz darauf finden
wir unsere Entwürfe und unsere Vorschläge in Ihren Initiativen
wieder.
Meine Damen und Herren, der Deutsche Journalistenverband DJV verlangt ein Recht auf Akteneinsicht in öffentlichen Einrichtungen, verlangt ein „Recht auf Wissen“. Nur ....
(Zurufe von der CDU und der SPD)
Herr Kollege, es gibt drei Bundesländer,
die solche Gesetze schon erarbeitet haben.
Wir erfinden das Rad nicht zum vierten
Mal.
Selbstverständlich haben wir die
Pflicht, bestehende Gesetze zu prüfen und handwerkliche Fehler aufzuspüren.
In unserem Entwurf sind handwerkliche
Fehler dieser bestehenden Gesetze herausgenommen.
Unser Entwurf schließt ausdrücklich
zukünftige Entwicklungen im Informationssektor mit ein.
Unser Gesetzentwurf ist auf das Internet
und auf die Nachfolger des Internets anwendbar – lesen Sie das doch bitte
genau durch.
Meine Damen und Herren,
nur Wissen um
Fakten und Vorgänge schützt die Bürger und unseren Staat.
Nun zum CDU-Kollegen Reinhart:
Ausgerechnet die Fraktion, die gestern
ein Überwachungsgesetz hervorgebracht
hat,
(Abg.
Haasis CDU: Überwachungsgesetz?)
die das Polizeigesetz um eine Überwachung
der Bürger durch Videotechnik ergänzt hat,
ausgerechnet diese Fraktion sagt:
Die Verfassung braucht dieses Gesetz
nicht.
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie
sind in der Verteidigung, weil Sie gemerkt haben, daß Sie mit dem
gleichen Gesetzentwurf zu spät gekommen sind.
Sie werden das selbst noch machen.
Dieses Gesetz soll den
„gläsernen“ Bürger schützen, der angesichts von Videoüberwachung
oder Kontrolle über das Mobiltelefon gegenüber anderen, gegenüber
Verwaltung und Behörden im Nachteil ist.
Dieser Bürger braucht
Schutz und Hilfe.
Ihm
dient dieses Gesetz.
Sie sagten vorhin, Herr Kollege Bebber,
das Gesetz sei überflüssig.
Das Gesetz sichert doch die bessere Kontrolle
der Exekutive.
Genau das ist unsere, die Aufgabe dieses
Parlaments: die Kontrolle der Exekutive.
Dieses Gesetz
wird ein Werkzeug zur Umsetzung unseres verfassungsmäßigen Auftrags
sein.
Schließlich:
die Europäische Union, Herr Solano
plant, die Informationsfreiheit und die Gedankenfreiheit der Bürger
einzuschränken.
(Abg.
Bebber SPD: Das ist barer Unsinn, was Sie da gerade reden, barer
Unsinn!)
Sie wissen das ganz genauso gut wie wir.
Es ist in der EU geplant, fünf, sechs
verschiedene Themenbereiche, Politikbereiche, einzuschränken.
Es sollen sogar politischen Mandatsträgern
bestimmte Informationen vorenthalten werden.
So im Bereich der inneren Sicherheit,der
Verteidigung,
vor allem aber bei Währungsfragen.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken,
sind Pflöcke einzuschlagen.
Dem Schutz unserer Verfassung dient dieses Gesetz.
Ich wundere mich, frage mich, wo Ihr aller Aufschrei gegen die Einschränkungen der Informations- und Verfassungsfreiheit bleibt.
Ein praktisches Beispiel:
Wir erleben doch die Entdemokratisierung
unserer Gesellschaft.
Ein Herr Schrempp hat schließlich
mehr wirtschaftliche Macht als der Ministerpräsident Teufel.
Auch dieser Entwicklung muß entgegengewirkt werden.
Ein derartiges Informationsfreiheitsgesetz
setzt auch dem Grenzen.
Das verlangt sogar unser Grundgesetz.
Meine Damen und Herren,
ich wiederhole es noch einmal. Sie können
an diesem Gesetzentwurf Kritik üben.
Er kann in einzelnen Punkten geändert
werden, dazu sind wir bereit.
Das ist der Sinn einer jeden ersten Lesung,
den Entwurf vorzulegen und Verbesserungen anzufragen.
Aber dieser Gesetzentwurf ist dringend und hat noch in dieser Legislaturperiode seine zweite Lesung zu erhalten.
Stellv. Präsident Weiser:
Das Wort hat der Herr Innenminister.
Innenminister
Dr. Schäuble: ....
.... Mit Ausnahme logischerweise der antragstellenden
Fraktion der Republikaner sind alle anderen Fraktionen – die Fraktionen
der CDU, der FDP/DVP, der Grünen und der SPD – gegen diesen Gesetzentwurf
der Republikaner.
(Abg. Krisch REP: also gegen die Informationsfreiheit!)
Damit ist .... das Wichtigste heute gesagt.
Das Zweite:
.... Wir hatten am 1. März 2000 eine
Besprechung .... mit dem Bundesinnenminister.
Mit Ausnahme der drei Länder Berlin,
Brandenburg und Schleswig-Holstein .... waren .... die anderen 13
Länder .... der Auffassung, daß
ein solches Gesetz nicht notwendig sei. ....
Warum soll man .... (wo) überhaupt
keine Mißstände bekannt geworden sind, weil wir ja eine umfassende
Information betreiben, ein neues, zusätzliches Gesetz erlassen?
Mit einem solchen Gesetz wäre auch
die Gefahr verbunden, daß irgendwelche abstrakten, konfusen Erwartungen
erweckt würden, die man dann nachher gar nicht einhalten kann.
(Abg. Krisch REP: Und daß Manipulationen aufgedeckt werden, Herr Minister!)
Deshalb ist auch die Landesregierung
wie alle anderen Fraktionen der Auffassung:
Dieser Gesetzentwurf muß abgelehnt
werden.
(Abg.
Krisch REP: In der nächsten Legislaturperiode machen Sie es
selber!)
l Bemerkung
– nicht im Protokoll:
Die Abstimmung wurde zweimal vorgenommen,
da der erste Wahlgang von der CDU angezweifelt wurde. Auch beim zweiten
mal stimmten Abgeordnete der CDU und wenige Abgeordnete anderer Fraktionen
der Überweisung an den Ausschuß zu.
Mit der Überweisung an den Ausschuß
ist es möglich, den Gesetzentwurf trotz der Ablehnung durch den Innenminister
Schäuble weiter zu behandeln.
Zweite
Beratung -
103.
Sitzung des Landtags von Baden-Württemberg
Stellv. Präsident Birzele:
Punkt
11 der Tagesordnung - Gesetzentwurf der Fraktion Die Republikaner
–
Gesetz zum Schutz des freien Informationszugangs
in Baden-Württemberg Landesinformationsfreiheitsgesetz – IFG
– Drucksache 12/5776
Beschlußempfehlung und Bericht des
Ständigen Ausschusses – Drucksache 12/5905
Stellv. Präsident Birzele:
Herr Abg. Dr. Reinhart:
Abg. Dr. Reinhart CDU
..... Der Gesetzentwurf der Republikaner
wurde in der ersten Lesung abgelehnt und im Ständigen Ausschuß
abgelehnt. .... wir .... dieses Gesetz .... auch in der zweiten Lesung
ablehnen. ....
Stellv. Präsident Birzele: Das Wort
erhält Herr Abg. Krisch.
Abg. Krisch REP:
.... Diese Zweite
Beratung des Informationsfreiheitsgesetzes ist ein Musterbeispiel
für die Art und Weise, wie in Baden-Württemberg und in diesem
Haus Demokratie praktiziert wird.
Damit wird diese Debatte zu einer der
wichtigeren in diesem Haus.
Wir Republikaner haben seit 1992 schon
manche Gesetzentwürfe eingebracht, die nicht in den Ausschuß
gelangten, obwohl vergleichbare Gesetzentwürfe nur Wochen später
von einer anderen Fraktion mit viel Trommelwirbel eingebracht und umgesetzt
wurde.
Ich erinnere an Herrn Ministerpräsidenten
und sein famoses Gesetz zu verdachtsunabhängigen
Polizeikontrollen – das war die schlechte Kopie unseres, von der CDU kurz
vorher abgelehnten Gesetzentwurfes.
Unser IFG gelangte diesmal immerhin bis
in den Ausschuß.
Erst kurz vor der Beratung im Ausschuß,
erst nach der Beratung in der 101. Plenarsitzung entdeckten wir das folgende:
Am 17. August
brachte die Fraktion der Grünen
im Hessischen Landtag mit der Unterschrift des Herrn Tarek Al-Wazir die
Dr. 15/1474 ein – das IFG Hessen.
Ebenfalls am
17. August brachte die Fraktion der SPD
im Sächsischen Landtag durch Herrn Thomas Junk die Dr. 3/2394 ein
– das IFG Sachsen.
Am 8. November
brachte die Fraktion der CDU
mit dem Erstunterzeichner Dr. Rüttgers im Landtag von NRW die Dr.
13/321 ein – das IFG NRW.
In allen Fällen waren es die Oppositionsfraktionen,
nie die Regierung, die das Gesetz vorlegten!
In allen Fällen gab es schon in der
ersten Lesung eine Sachdebatte - und immer eine einstimmige Überweisung
in die Ausschüsse – ohne Gegenstimme.
Meine Damen und Herren der anderen Fraktionen
– in jeder Sitzung dieses Hohen Hauses bezeichnen Sie sich als die „vier
demokratischen Fraktionen“.
Doch mit der Behandlung dieses Gesetzentwurfes
haben Sie sich demaskiert.
Sie haben durch
ihr Handeln bewiesen, daß tatsächlich nur eine demokratische
Fraktion in diesem Parlament vertreten ist und auch im der nächsten
Legislaturperiode vertreten sein wird –
– die Fraktion
der Republikaner.
Die Gesetzentwürfe aus Hessen und
NRW und Sachsen liegen uns vor.
Wir haben alle geprüft und mit unserem
Gesetzentwurf verglichen.
Im Kern und im Ziel sind alle Gesetzentwürfe
– die von SPD und Grünen und CDU und der von uns – vergleichbar.
Die Bürger sollen ein Recht auf
Akteneinsicht und auf Aktenzugang erhalten.
Das ist der ausschlaggebende Punkt
– alle Gesetze haben ein gleiches Ziel,
die Stärkung der
Demokratie.
Wir Republikaner hätten jedem dieser
Gesetzentwürfe zugestimmt, wären Sie in diesem Hohen Hause eingebracht
worden, mit Änderungsanträgen, ja.
Aber zugestimmt, wie wir immer zustimmen,
wenn ein Antrag gut ist, unabhängig davon, wer den Antrag einbringt.
Das haben wir auch heute wieder bewiesen.
Das
ist das Zeichen demokratischen Verhaltens -
nach
der Sache zu stimmen und nicht nach der Herkunft.
Frühere Gesetzentwürfe unserer
Fraktion konnten Sie oft ablehnen mit der Scheinbegründung – politisch
nicht unsere Linie. Das akzeptierten wir.
Hier handelt es sich um einen Gesetzentwurf,
den Sie selber in der kommenden Legislaturperiode einzubringen versuchen.
Ihr Verhalten beweist also – Ihnen
geht es nur um Machtpolitik.
Ein Gesetzentwurf wird abgelehnt,
obwohl auch Sie alle vergleichbares anstreben -
nur weil der Vorschlag von uns Republikanern
stammt.
Das dokumentieren Sie heute auf wunderbare
Weise.
Am offensten der Abgeordnete Kluck mit
den Worten
„Wenn von den
Reps eine Initiative vorgelegt wird, ist sie abzulehnen“.
Sie zeigen damit Ihr seltsames Verständnis
von Demokratie
- Sie zertrampeln
die Demokratie.
In Sachsen, in Hessen, in NRW wurde schon
jeweils in der ersten Beratung im Plenum auf Einzelheiten des jeweiligen
Gesetzentwurfes eingegangen.
Im Landtag von Baden-Württemberg
hingegen haben sie, die vier Fraktionen, die sich die demokratischen nennen,
jede Sachdiskussion verweigert.
Im Ausschuß hat unser Sprecher das
Gesetzesziel vorgetragen – doch während in NRW sich sogar zwei Ausschüsse
mit dem CDU Gesetzentwurf ausführlich beschäftigen, wurde
unser Sprecher im Ausschuß vom Ausschuß-Vorsitzenden aufgefordert,
sich kurz zu fassen, seine Begründung des Gesetzes zu beenden.
In 9 Jahren Mitgliedschaft in diesem
Parlament habe ich bei keiner auch noch so langatmigen Ausführung
von Vertretern anderer Fraktionen es je erlebt, daß ein Abgeordneter
aufgefordert wurde, auf die Erläuterungen zu einem Gesetzentwurf zu
verzichten.
Das ist Wahlkampf in einer Ausschußberatung.
Abgeordnete sollten
nur dem eigenen Gewissen verantwortlich sein.
Nach allem, was wir erlebten, gibt es
nur zwei Möglichkeiten.
Entweder sind alle Abgeordneten dieses
Hohen Hauses aus den Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und der Grünen
so kleinkariert parteipolitisch orientiert, daß alle aus diesem Grund
eine sachliche Auseinandersetzung im Parlament verweigern.
Wenn das so sein sollte – warum sitzen
Sie dann in diesem Parlament?
Die andere Möglichkeit –
Ihre vier Fraktionen unterliegen jede
einzelne einem so strengen Fraktionszwang,
daß selbst jene Abgeordneten, die real-politisch und sachlich denken,
selbst jene, zu denen wir ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut
habe, nicht gegen den Fraktionszwang handeln wollen und kuschen.
Wenn das so ist – wie wagen es solche
Abgeordneten, wie wagen es deren Fraktionen, sich selbst als demokratisch
zu bezeichnen?
Ein Wort noch zur CDU und zu Ihnen, Herr
Innenminister Schäuble, zu Ihren Aussagen in der ersten Beratung.
Herr Innenminister, Sie haben uns im Plenum
erklärt, daß 13 Bundesländer in Berlin auf einer wichtigen
Tagung diese Informationsfreiheitsgesetze ablehnten.
Sie sagten uns, dieser Gesetzentwurf muß
abgelehnt werden – Sie verwendeten das Wort „muß“.
Der Sprecher der CDU-Fraktion sagte, unser
Gesetzentwurf sei eine „Totalnormierung“
– was immer das sein soll und “der Gesetzentwurf
sei ein Hemmnis für den mündigen Beamten“.
Und weiter wörtlich aus dem Landtagsprotokoll
"Die Verfassung
braucht dieses Gesetz nicht. Es ist ein unsinniges Gesetz".
Herr Innenminister, Sie haben doch tüchtige
Mitarbeiter und Beamte.
Ich gehe also davon aus, daß Sie
und die CDU-Fraktion wußten vom Gesetzentwurf der CDU in NRW.
Und damit haben Sie sich entlarvt.
Sie haben bewußt
im Plenum eine Scheindebatte
geführt.
Im Wissen um
die Position der CDU in NRW haben Sie in diesem hohen Haus eine Scheinposition
bezogen – nur mit dem einzigen Ziel, Die Republikaner schlecht aussehen
zu lassen.
Ihnen war Wahlkampf
wichtiger als die Verfassung.
Herr Innenminister, wir kritisieren Ihr
Verhalten.
Meine Damen und Herren der vier nicht demokratisch handelnden Fraktionen, wir Republikaner akzeptieren nicht, daß Sachpolitik auf Dauer mit Füßen getreten wird – auch nicht um fragwürdiger und kurzfristiger Scheinerfolge willen.
Deshalb zum Schluß nochmals zu Ihrer
Erinnerung das Wort von Dr. Hans-Günther Weber:
“Nur ein Volk, das sich
zur Freiheit bekennt, wird vor der Geschichte bestehen.
Ein Volk ohne Freiheit
ist nichts.“
Dazu stehen wir Republikaner.
Deshalb sind wir in diesem Parlament.
Stellv. Präsident Birzele:
Meine Damen und Herren, wer den §§1
bis 17 des Gesetzentwurfs Drucksache 12/5776 zustimmen möchte, den
bitte ich mit Ja zu antworten, wer ihn ablehnen möchte, der möge
mit Nein antworten, wer sich enthalten möchte, mit „Enthaltung“.
Präsident Straub: Meine Damen
und Herren, ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt:
An der Abstimmung haben 98 Abgeordnete
teilgenommen.
Mit Ja haben gestimmt 11, mit Nein
87.
Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.
Weitere Abstimmungen .... sind nicht erforderlich.
Tagesordnungspunkt 11 ist damit erledigt.
Zusammenfassung
Alle anwesenden Abgeordneten der CDU und
SPD, der Grünen und der FDP haben den Gesetzentwurf abgelehnt.
Stimmenthaltungen gab es keine.
Der Abgeordnete
Kluck der FDP hat es ausgesprochen:
Wenn von den Reps eine Initiative vorgelegt wird, ist sie abzulehnen.
Soviel zum Demokratieverständnis
der Fraktionen CDU und SPD, FDP und Grüne im Landtag von Baden-Württemberg.
Und was sagen Sie als
Leser?
Rufen Sie uns an.
Sagen Sie uns Ihre Meinung.
Kurzfassung
des Gesetzestextes
-
Drucksache
12/5776
-
abzurufen im Internet unter www.landtag-bw.de / Initiativen / Drucksachen
Informationsfreiheits
Gesetz
-
das Bürgerrecht auf
ungehinderten
Informationszugang IFG
Das vorliegende Gesetz wird Baden-Württemberg die erforderlichen Voraussetzungen zum Schutz des freien Informationszugangsrecht bzw. der Verbreitung der Informationen sichern, bis auf Bundesebene oder auf europäischer Ebene diesem Rechnung getragen wird.
Das Gesetz definiert aber auch Einschränkungen, verhindert Mißbrauch und sichert berechtigte, schutzwürdige Interessen von Personen, Organisationen sowie von Land und Bund.
B. Wesentlicher Inhalt
Jede natürliche und juristische Person hat ein Recht auf freien Informationszugang über Akteneinsicht und Aktenauskunft, und auf Verbreitung der erhaltenen Informationen zu nicht kommerziellen Zwecken.
Private und öffentliche Interessen werden dabei durch ein abgestuftes System von Einschränkungen gesichert.
Akteneinsicht / Aktenauskunft wird auf Antrag gewährleistet.
Dieses Recht auf freien Informationszugang ist ein subjektives Recht.
Die Möglichkeit der verwaltungsgerichtlichen Durchsetzung und der Anrufung des Datenschutzbeauftragten ist gegeben.
§2
Begriffsbestimmungen
(1) Dieses Gesetz regelt Informationszugangsrechte
gegenüber Behörden.
(2) Definition einer Behörde
(3) Definition von Akten - schriftlich,
elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise gespeicherte Unterlagen,
Schriftstücke, Magnetbänder, Disketten, Filme, Fotos, Hologramme,
Tonbänder, Pläne, Diagramme, Bilder, Karten oder damit vergleichbares.
§3
Informationszugangsrecht
legt fest, daß jede natürliche
oder juristische Person gegenüber öffentlichen Stellen ein Recht
auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft hat.
§4
Anwendungsbereich
legt fest, wie das Gesetze andere
Gesetz berührt.
§5
Umfang des Informationszugangsrechts
legt fest, daß Akteneinsicht
und Aktenauskunft zu gewähren ist bzw. wann nicht.
2. Abschnitt
Einschränkungen des Informationszugangsrechts
§6
Amtsverschwiegenheit
legt fest die Genehmigung nach §
79 Abs. 2 Landesbeamtengesetz.
§7
Schutz überwiegend privater Interessen
(1) legt fest, wann Akteneinsicht
/ Aktenauskunft entfällt
(a) bei personenbezogene
Daten,
(b) bei Schutz
geistigen Eigentums
(c) bei Betriebs-
oder Geschäftsgeheimnis
(2) legt fest Regeln zur Akteneinsicht
/ Aktenauskunft
(a) bei personenbezogenen
nicht öffentlichen Daten,
(b) bei personenbezogenen
allgemein zugänglichen Daten
(c) beim Einzelfall,
wo das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige
Interesse überwiegt.
§8
Schutz überwiegend öffentlicher Interessen
(1) Akteneinsicht / Aktenauskunft
ist nicht möglich wenn
(a) definiert
Einschränkungen wegen Schädigung internationaler oder vergleichbare
Beziehungen / der Landesverteidigung / der inneren Sicherheit
(b) definiert
Einschränkungen wegen anhängiger Gerichtsverfahren oder vergleichbarer
Verfahren
(c) definiert
Einschränkungen bei Ermittlungsverfahren wegen Straftaten
(d) legt fest
Angaben öffentlicher Stellen, die nicht dem Anwendungsbereich
dieses Gesetzes unterfallen.
(2) legt fest, daß Akteneinsicht
/ Aktenauskunft abgelehnt werden kann,
(a) bei Vorgängen,
die nach gesetzlichen Vorschriften in nichtöffentlicher Sitzung zu
beraten sind,
(b) bei
Verfahren innerhalb / zwischen Behörden
(c) bei Vorgängen,
die noch nicht abgeschlossen sind,
(d) wenn vorzeitiges
Bekanntwerden den Erfolg behördlicher Maßnahmen gefährdet
(e) wenn Aufgaben
öffentlicher Stellen erheblich beeinträchtigt würden, oder
wenn Informationsinteresse das entgegenstehende öffentliche Interesse
an der Geheimhaltung überwiegt.
§9
Gefährdung des Gemeinwohls
legt fest, wann Akteneinsicht / Aktenauskunft
versagt werden darf.
§10
Beschränkte Akteneinsicht oder Aktenauskunft
(1) legt fest, ob Akten vollständig
oder wann nur teilweise eingesehen werden dürfen.
(2) legt fest, wie das geschieht
3. Abschnitt Verfahren
§11
Antragstellung, Durchführung der Akteneinsicht und Aktenauskunft
(1) legt fest, wie der Antrag auf
Akteneinsicht / Aktenauskunft gestellt wird
(2) legt Art der Aktenauskunft
fest
(3) regelt Akten anderer Stellen.
(4) regelt Anfertigung von Notizen.
(5) regelt kopieren von Papierunterlagen
(6) regelt kopieren anderer Unterlagen
(7) regelt Ablehnungen
(8) regelt Zustimmung Dritter
(9) verbietet gewerbliche Nutzung
§12
Entscheidung, Anhörung der betroffenen Person
(1) regelt Entscheidung über
einen Antrag
(2) regelt Rechte Dritter und Betriebs-geheimnisse
/ Geschäftsgeheimnisse.
(3) regelt Widerspruch gegen eine
Entscheidung.
§13
Begründungspflicht und Bescheidungsfristen
(1) regelt wann bzw. wie schnell
Akteneinsicht / Aktenauskunft gewährt wird.
(2) regelt Ablehnung / deren Begründung
(3) regelt Ablehnungsfristen
(4) regelt Zwischenbescheide
(5) regelt vollständige Antragsablehnung
§14
Kosten
(1) regelt Gebühren und Auslagen
(2) regelt Gebührentatbestände
und Höhe der Gebühren
(3) regelt Amtshandlungen der Gemeinden,
Landkreise, Gemeindeverbände
§15
Anrufung der/des Landesbeauftragten für den Datenschutz
(1) Anrufung des Landesbeauftragten
(2) Vorschriften über gerichtlichen
Rechtsschutz
4. Abschnitt Schlußvorschriften
§16 Ordnungswidrigkeiten / Geldbußen
§17 Inkrafttreten
Zusammenfassung
Alle anwesenden Abgeordneten der CDU und
SPD, der Grünen und der FDP haben den Gesetzentwurf abgelehnt.
Stimmenthaltungen gab es keine.
Der Abgeordnete
Kluck der FDP hat es ausgesprochen:
Wenn von den Reps eine Initiative vorgelegt wird, ist sie abzulehnen.
Soviel zum Demokratieverständnis
der Fraktionen CDU und SPD, FDP und Grüne im Landtag von Baden-Württemberg.
Und was sagen Sie als
Leser?
Rufen Sie uns an.
Sagen Sie uns Ihre Meinung.
Die
Republikaner
Haus der Abgeordneten
70173 Stuttgart
Tel 0711 - 2063927
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