Debatten im Landtag:
Wirtschaftsspionage in Deutschland

Antrag der Fraktion Die Republikaner
Redebeitrag des Abgeordneten

MdL Wolf Krisch
Parl. Berater Michael Wiesberg



73. Sitzung des 12. Landtags
Übersicht
Einleitung
Warum gab es diese Debatte
Abg. Krisch REP
Abg. Ruder CDU
Abg. Wettstein SPD
Abg. Schlager Grüne
Abg. Kiesswetter FDP
Abg. Krisch REP
Innenminister Dr. Schäuble
Behandlung der Anträge
Anträge der Republikaner


Einleitung
Die hier wiedergegebenen Texte sind Auszüge aus dem Landtagsprotokoll. Das vollständige Landtagsprotokoll ist abzurufen im Internet www.landtag-bw.de oder erhältlich von der Fraktion Die Republikaner.

Warum gab es diese Debatte?
Am 24. Juni fand in Stuttgart ein Symposium zum Thema Wirtschaftsspionage statt. Viele Fragen blieben unbeantwortet. In einer großen Anfrage forderten Republikaner im Landtag weitere Auskunft von der Landesregierung. Doch die Antwort nichtssagend, und in einem zusätzlichen Antrag wurde nachgefaßt.

Daraus wurde diese Debatte.
Die Landesregierung behandelt ein politisch heikles Thema wie eine heiße Kartoffel, will dieses nicht behandeln und versucht, kritischen Fragen aus dem Weg zu gehen!
Allerdings verhält sich die Landesregierung dabei sehr dilettantisch.Dem Landtag - den Abgeordneten - wird eine Antwort verweigert.
Und der Vorsitzende des Innenausschusses versuchte, die Diskussion im Landtag abzublocken .
Das ist ein skandalöser und unerhörter Vorgang. Ein Vorgang, der dem sonstigen, seriösen Verhalten dieses Abgeordneten widerspricht.
Man muß sich fragen - auf Druck "von oben"? Wird gar versucht, das Parlament zu manipulieren?

Die gleichen Beamten, die dem Parlament die Antwort auf Fragen verweigern, geben nur wenige Tage vor dieser Debatte im Parlament die dem Parlament verweigerten Antworten im Deutschland Radio in einem Interview von sich.
Man fragt sich - sind im Landesamt für Verfassungsschutz und im Ministerium nur Amateure am Werk?

Die Landesregierung wird sich weiteren Fragen der Republikaner gegenüber sehen, der nach dieser Debatte einzigen Fraktion im Landtag, die Wirtschaftsspionage gerade von befreundeten Staaten nicht als "Kavaliersdelikt" ansieht und nicht - wie der Innenminister - dieses Problem zu bagatellisieren versucht.

Nach einer Pressekonferenz vom 4.11.99 fand dieses Thema weitere Resonanz in den Medien. Inzwischen zeigt sich, daß auch in Großbritannien und USA mutige Politiker dieses Thema aufgreifen - auch dort gegen den Widerstand der jeweiligen Regierungen. Solche den Regierungen unangenehme, aber dem Land schadende Vorgänge aufzuspüren ist auch eine Aufgabe gewählter Abgeordneter.

Wir Republikaner bohren weiter.


Große Anfrage der Fraktion Die Republikaner
Wirtschaftsspionage und ihre Auswirkungen auf die baden-württembergische Wirtschaft – Drucksache 12/4186

Antrag der Fraktion Die Republikaner
Wirtschaftsspionage und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft in Baden-Württemberg –
Drucksache 12/4410

Abg. Krisch REP:

Anfang dieser Woche hatte ich Gelegenheit, als Teilnehmer einer Landtagsdelegation das US-Hauptquartier in Stuttgart-Vaihingen zu besuchen. Dieser Besuch bestätigte mir die Politik der US-Regierung:

Erstens: Militärische Ziele der USA sind durchzusetzen; das ist Priorität Nummer 1 der US Regierung. Zweitens: Wirtschaftliche Interessen von US-Unternehmen sind durchzusetzen. Das ist Priorität Nummer 2 der US-Regierung.

Im Vergleich dazu ist deutsche Politik, eine Politik, welche die Wirtschaft in Spionagefällen allein läßt, die vor den ehemaligen Besatzungsmächten kuscht, eine Gehorsamspolitik, eine Politik, die kein französischer, kein englischer und kein amerikanischer Politiker sich leisten könnte, beschämend.

Was ich sage, sind keine Neuigkeiten. Ich zitiere aus der "Los Angeles Times" vom Juli 1995. Danach hat US-Präsident Clinton die CIA aufgefordert, als oberste Priorität Wirtschaftsspionage auch bei befreundeten Staaten durchzuführen. Das wurde auch von Dr. Rannacher vom Landesamt für Verfassungsschutz vor einer Woche bestätigt.

Die Bürgerrechtsvereinigung Omega aus England hat schon 1998 einen Bericht an die EU gemacht, in dem festgestellt wurde, daß sämtliche E-Mails, Telefongespräche und Faxe innerhalb Europas von der National Security Agency, der NSA, aufgenommen und an die USA weitergeleitet werden.

Im Kalten Krieg hatten die Amerikaner ein globales, weltweites Überwachungssystem gegen militärische Ziele. Dieses System, jetzt "Echelon" genannt, wird nunmehr weltweit auch gegen befreundete Regierungen, gegen Parteien, gegen Organisationen und vor allem gegen Wirtschaftsunternehmen eingesetzt.

Der bekannteste Fall ist der Fall der Firma Enercon in Aurich, die dummerweise Schaltpläne und Informationen auf elektronischem Wege nach den USA weiterleitete. Als sie in den USA die eigene Erfindung zum Patent anmelden wollte, hatte der größte amerikanische Konkurrent die Erfindung schon längst zum Patent angemeldet. Im Wissen, daß es sich um Wirtschaftsspionage und Diebstahl handelte, haben amerikanische Behörden dieses US-Unternehmen gestützt.

Nach unserem Wissen hat keine deutsche Behörde und keine deutsche Regierung die Firma Enercon unterstützt. Das Ganze kam nur durch die Indiskretion eines früheren Mitarbeiters der NSA an die Öffentlichkeit. Schaden allein für Enercon 100 Millionen DM! Ein Schaden, ein einzelner bekanntgewordener Fall für ein Unternehmen.

Und wieviele sind nicht veröffentlicht weil nicht bemerkt oder zu spät bemerkt?

An diesem Spionagesystem Echelon sind beteiligt die USA, Großbritannien, Kanada, Neuseeland und Australien. Ministerien dieser Staaten haben das Recht, Spionageaufträge an das System Echelon weiterzugeben, Wirtschaftsspionageaufträge, die dann in den Staaten zum Vorteil der eigenen Unternehmen und der eigenen Industrie ausgenutzt werden. Der Skandal: Die größte US-Abhörstation aus diesem Echelon-System in Europa befindet sich in Bad Aibling in Bayern.

Was ich hier sagte, wurde schon vor längerer Zeit in einem Bericht innerhalb der EU diskutiert, und zwar in einer Arbeitsgruppe STOA. Das ist die Gruppe zur Bewertung wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Optionen. Alles, was ich eben sagte, wurde in diesem Bericht niedergelegt.

Baden-Württemberg ist als Hochtechnologieland bevorzugtes Ziel ausländischer Geheimdienste, und Erkenntnisse über die Angriffe befreundeter Staaten – die USA ist ein befreundeter Staat – müssen der Landesregierung vorliegen. Das ist auch im IHK-Magazin Wirtschaft, Ausgabe 2/99, festgehalten.

Im "Spiegel" vom 29. März ist zu lesen: Die USA hat keine Hemmung, wirtschaftliche Konkurrenz zu bekämpfen, vor allem in politischen Partnerstaaten.

Im US-Periodikum Foreign Policy ist zu lesen: Für die amerikanische Regierung sind militärische Alliierte wirtschaftliche Gegner.

Großbritannien hat sich schon 1995 über die Spionagetätigkeit der CIA in England beschwert, wobei ich das als Heuchelei betrachte; denn Großbritannien ist als Echelon-Mitglied an der Ausspionierung von Partnerstaaten innerhalb der EU beteiligt.

Auch Frankreich macht - allerdings auf eigene Rechnung - an Industriespionage bei befreundeten Staaten mit.

Zusammenfassung dieses ersten Teils unserer Debatte:

Seit Jahren liegen Daten vor, die kriminelle Wirtschaftsspionage befreundeter Mächte in Deutschland beweisen. Zur Stellungnahme und der Position der Landesregierung rede ich in Teil 2.


Stellv. Präsident Weiser: Das Wort hat Herr Abg. Ruder.
Abg. Ruder CDU:

Es gehört schon viel dazu, solche Zumutungen, wie sie eben ausgebreitet worden sind, anzuhören.

Denn ... es geht nicht darum, der Wirtschaft zu helfen, sondern es geht darum, unsere befreundeten Staaten und das Ausland insgesamt wieder mal in einem Bereich verdächtig zu machen, wo es keinen Verdacht geben kann. In der Begründung zum Antrag der Republikaner steht, die Landesregierung habe die Große Anfrage lustlos und oberflächlich beantwortet.

 .... Es hat immer zu den ganz besonderen Qualitäten dieses Hauses gehört ..... daß wir in Fragen der inneren Sicherheit .... genau wußten, wo solche Fragen ausgetragen werden, und zwar dort, meine Damen und Herren, wo es unsere Verfassung vorsieht, – ja, ja –, nämlich in der Beratung etwa des Berichts des Landesamts für Verfassungsschutz im Ständigen Ausschuß.

Es gibt auch das Gremium nach Artikel 10 des Grundgesetzes .... Dort müssen wir uns ernsthaft mit den Fragen auseinandersetzen, aber nicht vor einer breiten Öffentlichkeit.
        (Abg. Dr. Schlierer REP: Mißachtung des Plenums! Ganz klar ausgedrückt!)

Gott sei Dank steht es hoffentlich so im Protokoll. Meine Damen und Herren, dann kommen Sie daher und werfen der Landesregierung vor, sie habe oberflächlich geantwortet.
        (Abg. Krisch REP: Verantwortungslos!)



Präsident Weiser: Das Wort hat Herr Abg. Wettstein.

Abg. Wettstein SPD: Was ist die Aufgabe unseres Verfassungsschutzes in dieser Situation? Fakt ist einfach, daß die Geheimdienste anderer Länder bei uns Wirtschaftsspionage betreiben.
        (Abg. Deuschle REP: Richtig!)

Ich möchte von Ihnen keinen Beifall. .... Ich möchte .... feststellen, daß die ausländischen Geheimdienste auch bei uns Wirtschaftsspionage betreiben .... Etwas anderes ist es, wenn der US-Geheim-dienst CIA bei uns Wirtschaftsspionage betreibt, und das ist leider Faktum.

Da ist der materielle Schaden wahrscheinlich etwas geringer .... als wenn Rußland Wirtschaftsspionage betreibt. .. die Spionage hat eine völlig andere Qualität, wenn die Spionageorganisation eines befreundeten Landes bei uns spioniert.
..... Deswegen .... genügt es .... auch nicht, daß dann, wenn der Verfassungsschutz aufspürt, daß die CIA irgendwo Wirtschaftsspionage betrieben hat, dem Kontrollgremium berichtet wird.
Das Kontrollgremium ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. ....


Stellv. Präsident Weiser: Das Wort hat Frau Abg. Schlager.

Abg. Sabine Schlager Die Grünen: Ich tu jetzt mal so, als ginge es den Republikanern um eine ernsthafte Debatte, obwohl die Rede von Herrn Krisch wenig Anlaß dazu gibt. ....
..... Auch wenn die Republikaner lieber nationale Lösungsstrategien sehen würden, so müssen sie sich doch in ihrem Antrag auf die Erkenntnisse der EU-Arbeitsgruppe stützen. ....



Stellv. Präsident Weiser: Das Wort hat Herr Abg. Kiesswetter.

Abg. Kiesswetter FDP/DVP:
.... gehen verschiedene .... Journalisten davon aus, daß die genannten Staaten ein computergesteuertes Abhörsystem mit der Bezeichnung Echelon betreiben, das dazu genutzt wird, die elektronische Kommunikation routinemäßig abzuhören .... daß Echelon mittlerweile gezielt auch zur Überwachung der multimedialen Kommunikation westeuropäischer Unternehmen eingesetzt werde. ..... Die gravierenden Folgen der Wirtschaftsspionage .... Verschlechterung der eigenen Verhandlungsposition, Verlust von Marktanteilen, Gewinneinbußen und Abbau von Arbeitsplätzen. Im Extremfall ist sogar die Existenz eines Unternehmens in Gefahr.



Stellv. Präsident Weiser: Das Wort hat Herr Abg. Krisch.

Abg. Krisch REP:

Herr Kollege Ruder, als einziger Redner haben Sie nichts zur Sache gesagt.

Als Vorsitzender des Innenausschusses haben Sie versucht, diesem Parlament einen Maulkorb zu verpassen.
Sie haben versucht, eine Diskussion über Dinge zu unterbinden, die schon längst in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Das ist unerhört und für mich unverständlich.
Herr Kollege Ruder, unsere Große Anfrage stammt vom 26. Juni, vier Tage nach dem Spionage-Symposium, das mein Vorredner erwähnte.

Die Antwort der Landesregierung auf unsere Fragen ist beschämend. Im Wissen um Milliardenschäden, die durch Wirtschaftsspionage unserem Land entstehen, ist die Landesregierung unwillig, Fragen dieses Parlaments zu beantworten.

Antworten der Landesregierung wie
"wir haben keine eigenen Erkenntnisse" oder
"eine Bestätigung liegt uns nicht vor" oder
"zu Gegenmaßnahme wegen Spionage ist unsere Aufgabe die Beratung",
Herr Kollege Ruder, sind mit Recht so zu bezeichnen, wie Sie das vorhin zitierten.

Vergleichen Sie die Reaktion der Landesregierung mit dem Verhalten der amerikanischen Regierung.
Dort wird - zu Recht oder zu Unrecht - in jedem Fall das Interesse des eigenen Staates vorangesetzt.
Sie wollen uns hintenransetzen. Es ist beschämend, was Sie zuvor sagten.

Herr Kollege Ruder, nochmals:
Spionage ist die ekelhafteste Form der Gewalt, ein Vertrauensbruch zwischen Freunden und ein Grund zur Aufkündigung von Verträgen.

Der wirkliche Skandal ist die folgende Antwort der Landesregierung - das ist völlig unakzeptabel.
Die Landesregierung sagt inhaltlich Folgendes:
Eine offizielle Bestätigung der Staaten Australien, Großbritannien, Kanada, Neuseeland über eine Überwachung der elektronischen Kommunikation durch diese Staaten liegt nicht vor.

Stellen Sie sich vor:
Ein Taschendieb klaut Ihnen die Uhr, und Sie erhalten keine offizielle Bestätigung dieses Taschendiebs, daß er die Uhr geklaut hat, und dann ist für Sie der Fall erledigt. Das können Sie vielleicht so machen, aber wenn das eine Landesregierung macht, ist das verantwortungslos.

Skandalös ist es dann, wenn der gleiche Präsident des Landesamts, der diesem Parlament die Antwort verweigert, und der gleiche Staatssekretär, der jetzt nicht da ist, der Herr Mehrländer, der die Antwort auch verweigert, vor wenigen Tagen, am 22. Oktober 1999 im Deutschlandradio selber Folgendes sagte, der Öffentlichkeit - nicht dem Parlament - mitteilte, ich zitiere Herrn Mehrländer –:

"Industriespionage ist ein verbreitetes Mittel, das von Staaten angewendet wird, um sich Vorteile zu verschaffen." und weiter, Baden-Württemberg werde bevorzugtes Ziel der Spionage sein und der Schaden werde hier besonders hoch sein.
Und da wollen Sie die Diskussion verweigern!

Rannacher sagte im Radio über Echelon, das über Fernmeldesatelliten betrieben wird:
"Über dieses System werden Daten aus dem Wirtschaftsbereich abgegriffen. Eine direkte Beweisführung ist uns nicht möglich, aber die Fülle der Indizien schafft uns Gewissheit, und alle Wege führen nach Bad Aibling."
Auf unsere Anfrage sagt der gleiche Herr Rannacher, er wisse von nichts.
Der Öffentlichkeit sagt er es, im Radio erzählt er es, und im Parlament verweigert er die Antwort.

        (Zwischenruf des Abgeordneten Kluck, FDP/DVP)
Oh, Herr Kluck.
In der gleichen Radiosendung hat ein Herr Werner Britsch, Sicherheitschef von Daimler-Chrysler, gesagt:

Die USA räumen der Sicherheit der Wirtschaft einen extrem hohen Stellenwert ein. Dort gibt es den "Economic Espionage Act" von 1996, ein Gesetz gegen Industriespionage.
In Deutschland gibt es nichts Vergleichbares.

Jetzt frage ich Sie: Warum eigentlich?
Vergleiche ich die Aussagen von Rannacher, Mehrländer und Woll im Deutschlandfunk mit den Antworten der Landesregierung, dann muß ich sagen:

Diese Herren – ich will das Wort "lügen" vermeiden – hintergehen dieses Parlament und lassen Abgeordnete ganz bewußt im Unklaren über das wahre Ausmaß der Schäden, die Industriespionage unserem Land zufügt.

Wir haben den Antrag gestellt, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, um dem Bundesnachrichtendienst die Aufgabe zu übertragen, Wirtschaftsspionage aktiv zu bekämpfen. Das ist erforderlich. Wir bitten Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Wenn die Landesregierung und die Verantwortlichen im Landesamt nicht bereit sind, sich in dieser Richtung zu bewegen und für die Wirtschaft dieses Landes etwas zu unternehmen, dann sollten diese Herren den Hut nehmen, denn sie sind dann für eine verantwortliche Position nicht mehr tragbar.


Stellv. Präsident Weiser: Das Wort hat der Herr Innenminister.

Innenminister Dr. Schäuble:

Das Landesamt für Verfassungsschutz hat über Wirtschaftsspionage in Baden-Württemberg keine eigenen Erkenntnisseaber wir können Wirtschaftsspionage in Baden-Württemberg natürlich auch nicht ausschließen. ....
....... Was das Thema Wirtschaftsspionage angeht, tut das Landesamt für Verfassungsschutz alles, was im Rahmen seiner Möglichkeiten liegt.
Ich bin dankbar dafür, daß dies mit Ausnahme der Fraktion Republikaner im ganzen Haus so gesehen wird.

Stellv. Präsident Weiser: Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Drucksache 12/4410. Abschnitt I Ziff. 1 bis 5 sind Berichtsanträge. Sie sind mit der heutigen Diskussion erledigt.

Ich rufe Abschnitt II auf - Antrag der Fraktion Die Republikaner, Wer diesem Abschnitt zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.
– Wer dagegen stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das Letztere war die Mehrheit.
Abschnitt II ist abgelehnt.
Ich rufe Abschnitt III auf. Wer diesem Abschnitt zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –
Wer dagegen stimmt, den bitte ich um das Handzeichen.
– Meine Damen und Herren, auch dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Damit ist Punkt 8 erledigt.


Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 12 / 4410
12. Wahlperiode 27. 09. 99
Antwort ausgegeben: 19.10. 99

Antrag der Fraktion Die Republikaner - Stellungnahme des Innenministeriums
Wirtschaftsspionage und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaft in Baden-Württemberg

Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
I. zu berichten,

  1. inwiefern die Landesregierung über Erkenntnisse betreffend des globalen Abhörsystems "Echelon" verfügt, welche über die in der DR.12/4186 genannten hinausgehen;
  2. ob die Ergebnisse der Studie "Interception Capabilities 2000" der EU-Arbeitsgruppe STOA (Scientific and                Technological Options Assessment Programme Office) nach Ansicht der Landesregierung auf einer gesicherten Datengrundlage stehen;
  3. falls ja, aufzuzeigen, inwieweit diesen Ergebnissen zu entnehmen ist, daß Wirtschaftsspionage in Baden-Württemberg auch von befreundeten Bündnispartnern betrieben wird;
  4. falls ja, darzustellen, welche konkreten Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Bereich der Wirtschaftsspionage von seiten der Landesregierung bereits gezogen wurden bzw. in absehbarer Zeit gezogen werden;
  5. wie von seiten der Landesregierung sichergestellt wird, daß Unternehmen im Lande, die schwerpunktmäßig               Zielobjekte der Informationsbeschaffung durch ausländische Spionage-tätigkeit sind, regelmäßig auf die Spionagegefahr hingewiesen sowie über bekannt gewordene Ausspähversuche informiert werden;
II.
mittels einer Bundesratsinitiative darauf hinzuwirken, den Aufgabenbereich des Bundesnachrichtendienstes (BND) dahin gehend zu erweitern, daß künftig die Bekämpfung der Wirtschaftsspionage Bestandteil des Aufgabenbereichs des BND wird;
III.
die Landesregierung aufzufordern, einen jährlichen Bericht über die Erkenntnisse im Bereich der Wirtschaftsspionage in Baden-Württemberg herzustellen und veröffentlichen zu lassen.

27. 09. 99 Dr. Schlierer, Krisch, Deuschle, Käs, König und Fraktion

Begründung

Da die Landesregierung die Große Anfrage der Fraktion Die Republikaner zum Thema "Wirtschaftsspionage und ihre Auswirkungen auf die badenwürttembergische Wirtschaft" (DS 12/4186) in weiten Teilen unzureichend beantwortet hat, sieht sich die Fraktion gezwungen, eine weitere parlamentarische Initiative zum Thema "Wirtschaftsspionage in Baden-Württemberg" einzubringen.

Die insgesamt 25 Fragen der Großen Anfrage wurden durchgängig pauschal und subsummarisch beantwortet.

Dieser lustlose und oberflächliche Umgang mit der Beantwortung einer Großen Anfrage und die offenkundig zur Schau gestellte Geringschätzung des verfassungsmäßig garantierten Rechts der parlamentarischen Kontrolle durch die Opposition sind ein nicht akzeptabler Vorgang.

Im Interesse der durch Wirtschaftsspionage in immer größerem Maße bedrohten Industrie und Wirtschaft im Lande erwartet die Fraktion Die Republikaner eine gründliche, sachgemäße und termingerechte Beantwortung.


Stellungnahme

Mit Schreiben vom 19. Oktober 1999 Nr. 5–1084/51 nimmt das Innenministerium im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium zu dem Antrag Stellung:

Zu I. 1.:
Die Landesregierung verfügt nicht über Erkenntnisse, die über die in der Drucksache 12/4186 unter Nr. 1 genannten hinausgehen.
Zu I. 2.:
Die Sicherheit der Datengrundlage der Studie "Interception Capabilities" kann von der Landesregierung nicht beurteilt werden.
Zu I. 3.:
Der Studie sind keine konkreten Anhaltspunkte zu entnehmen, daß baden-württembergische Unternehmen der Wirtschaftsspionage durch befreundete westliche Bündnispartner unterliegen. Dem Landesamt für Verfassungsschutz liegen hierzu derzeit auch keine eigenen Erkenntnisse vor. Sollte es hierüber gesicherte Erkenntnisse erlangen, wird der Ständige Ausschuss darüber unterrichtet werden.
Zu I. 4. und I. 5.:
Es wird auf die Antworten zu der Großen Anfrage Drs. 12/4186 zu Ziff. 2–4,
6, 10–12 und 13–16 verwiesen.

Zu II.:
Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes ist die Beschaffung von Informationen im Ausland. Soweit dort anfallende Erkennt-nisse die Wirtschaftsspionage durch fremde Nachrichtendienste betreffen, gibt der BND diese an die im Inland zuständigen Behörden weiter. Dies sind das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzbehörden der Länder. Eine Bundesratsinitiative ist daher nicht erforderlich.

Zu III.:
Das Innenministerium Baden-Württemberg gibt jährlich einen Verfassungsschutzbericht heraus. Der Teil Spionageabwehr dieses Berichts enthält u.a. ausführliche Darstellungen zur (Wirtschafts-)Spionage durch fremde Nachrichtendienste. Bedarf für einen weiteren jährlichen Bericht wird derzeit nicht gesehen.

Dr. Schäuble
Innenminister
 

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