Agenda 2000

Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
EU-Strukturpolitik und Finanzierung
EU Osterweiterung

Veranstaltung von Landtag, Landesregierung von Baden-Württemberg und des Europäischen Parlaments

Freitag  13. November 1998 – Landtag in Stuttgart -
Fortschreibung der „Stuttgarter Thesen“ vom Mai 1997



Position der Fraktion Die  Republikaner

Auf der Konferenz des Landtags von Baden-Württemberg und des Europäischen Zentrums für Föderalismus-Forschung im Mai 1997 legte die Fraktion Die Republikaner im Anschluß an die Tagung die „Stuttgarter Thesen der Republikaner“ als Beitrag der Fraktion vor.

Auf der Veranstaltung „Agenda 2000“ wurde vom Veranstalter angestrebt, das Anliegen des Landes Baden-Württemberg an die deutsche EU-Präsidentschaft auszudrücken.
Hierzu wurde in drei Foren diskutiert:
Forum 1    Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik           
                Teilnehmer der Fraktion Die Republikaner
                MdL Alfred Dagenbach / Dr. Hartmut Jericke
Forum 2    Strukturpolitik / EU-Finanzierung
                Teilnehmer der Fraktion Die Republikaner
                MdL Ulrich Deuschle / MdL Klaus Rapp / Harald Leschhorn
Forum 3    Osterweiterung                             
                Teilnehmer der Fraktion Die Republikaner
                MdL Wolf Krisch / Dr. Peter Linder

Die Position der Fraktion Die Republikaner ist im folgenden wiedergegeben.


Forum 1 – Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
MdL Alfred Dagenbach / Dr. Hartmut Jericke

1. Die Republikaner teilen nicht die von der Regierung vertretene Meinung, die Agenda 2000 sei eine gute Grundlage für die Bewältigung der europäischen Aufgaben in den nächsten Jahren. Liest man sich diese Unterrichtung der Bundesregierung über die Vorlage der Kommission über die Erweiterung der Europäischen Union insbesondere zum Landwirtschaftsteil der Agenda 2000 aufmerksam durch, so kann man nur zu dem Schluß gelangen, daß sie das Eingeständnis einer verfehlten Europapolitik darstellt.

2. Die wirtschaftliche Prosperität nicht nur unseres Landes, sondern inzwischen der gesamten EU wurde bisher auf dem Rücken der deutschen Landwirtschaft und auf Kosten des deutschen Steuerzahlers mit Netto-Mehreinzahlungen in die EG von jeweils jährlich mehr als 20 Milliarden Mark ausgetragen.

3. Die Republikaner werden daher keinen Schritt in eine Richtung mitmachen, die allein der baden-württembergischen Landwirtschaft Einbußen von rund 120 Millionen Mark bringen wird. Zu Recht warnten deshalb der Präsident des Deutschen Bauernverbandes und der Präsident des Verbandes der französischen Landwirtschaftskammer vor einer übereilten Osterweiterung der EU und vor den Folgen von Preissenkungen und Ausgleichszahlungen.
Denn die Agenda 2000 bedeutet mehr  Abhängigkeit von Beihilfen und eine unsichere Zukunft für die Bauern.

4. Die Republikaner akzeptieren nicht,
- daß durch die Agenda 2000 die Agrarpreise auf das Niveau des Weltmarktes abgesenkt werden, da nirgends auf der Welt zu gleichen Bedingungen produziert wird;
- daß durch die Absenkung der Preise der Außenschutz gegen Weltmarktimporte weiter herabgesetzt wird, weil damit den Ländern, die unsere Standards nicht einhalten einen noch leichteren Zugang auf die europäischen Märkte ermöglicht und somit die Existenz unserer heimischen Landwirtschaft zusätzlich gefährdet wird;
- daß die Abhängigkeit der Verbraucher von Importen steigt und obendrein die Gefahr besteht, mit Nahrungsmitteln versorgt zu werden, deren Qualität nicht den Anforderungen entspricht, auf die unsere Bürger hinsichtlich der Frische und Hygiene zum Erhalt ihrer Gesundheit einen Anspruch haben;
- daß die Quotenregelung bei Milch durch eine Milchkuhprämie untergraben werden soll, was massive finanzielle Nachteile für die Landwirte unseres Landes haben würde

5. Kommt die Agenda 2000 wie vorgesehen, werden unsere Landwirte etwa 4 Milliarden DM verlieren, während dies den Steuerzahler zusätzlich 6 Milliarden DM kosten wird.
Unsere Landwirtschaft wird auf diese Art und Weise buchstäblich in den Ruin getrieben und statt bisher 20.000 werden künftig 40.000 Höfe jährlich schließen müssen. Ein einziger Arbeitsplatz in der Landwirtschaft hat dabei etwa 500.000 DM an Investitionen verschlungen – doppelt soviel, wie durchschnittlich in der übrigen Wirtschaft.

6. Es ist daher eine ureigene und seit Jahren vertretene Forderung der Republikaner, daß den einzelnen Ländern nicht nur weit mehr agrarpolitischer Spielraum für eigenständige Programme und Maßnahmen eingeräumt werden muß, sondern sie ihre Landwirtschaftspolitik wieder selbst gestalten müssen.

Keinesfalls darf sich eine Agrarpolitik so am Weltmarkt ausrichten, daß die Versorgung der Bürger mit frischen und gesunden Lebensmitteln von anderen Ländern abhängig werden kann.
Eine Agrarpolitik muß so gestaltet sein, daß die Existenzgrundlage für baden-württembergische Bauern erhöht wird, die mit einem sicheren Herkunftsnachweis und der umweltfreundlichen Erzeugung höherwertige einheimische Produkten die Versorgung unserer Bürger sichern.


Forum 2 – Strukturpolitik / EU Finanzierung
MdL Ulrich Deuschle / MdL Klaus Rapp / Harald Leschhorn

1. Grundsätzliches zur ,,Agenda 2000":
In der ,,Agenda 2000" skizziert die EU-Kommission die Zukunft der EU nach der Jahrtausendwende.
Zentraler Punkt ist die geplante Erweiterung um bis zu 10 mittel- und osteuropäische Länder sowie Zypern. Neben der Bewertung der politischen und ökonomischen Reife der Beitrittskandidaten listet die EU-Kommission darin auch Vorschläge für eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik und der Strukturhilfen für rückständige Regionen auf.

2.  Finanzieller Umfang:
Für den Zeitraum von 2000-2006 plant die Kommission, die Finanzausstattung der EU trotz der Erweiterung bei 1,27% des gemeinsamen Bruttosozialproduktes einzufrieren. Auch die Mittel für die diversen Fonds sollen den derzeitigen Umfang von 0,46% des Bruttosozialproduktes der Union künftig nicht überschreiten.
Damit könnten 275 Mrd. ECU für den wirtschaftlichen Ausgleich zwischen armen und reichen Regionen bereitgestellt werden - gegenüber 200 Mrd. ECU im jetzigen 6-Jahres-Plan.
Die EU-Kommission hat kurz nach der Bundestagswahl erstmals Ungerechtigkeiten im derzeitigen EU-Finanzsystem zu Lasten Deutschlands anerkannt.
Sie darf sich aber nicht nur an der übermäßigen Belastung Deutschlands bei den Rückflüssen aus der EU-Kasse orientieren, sondern muß auch auf mehr Gerechtigkeit bei den Bruttobeiträgen achten. Diese müssen sich in Zukunft am wirtschaftlichen Wohlstand im Mitgliedsstaat orientieren. Nachdem Deutschland in der EU-Wohlstandsskala nur noch einen Mittelplatz einnimmt, müssen die deutschen Zahlungen drastisch verringert werden.

3.  Verteilung der Finanzmittel:
Zwei Drittel der Fondsmittel werden nach den Planungen der EU-Kommission in Regionen fließen, deren Pro-Kopf-Einkommen weniger als 75% des EU-Durchschnitts beträgt. Die Mittel aus den Fonds dienen der Verbesserung der Infrastruktur, besonders beim Ausbau der Verkehrswege und im Bereich des Umweltschutzes.
Bisher kommen diese Gelder besonders den ,,strukturschwachen" EU-Mitgliedern Griechenland, Portugal, Spanien und Irland zugute. 45Mrd. ECU sind künftig für die neuen Beitrittsländer aus Ost- und Mitteleuropa reserviert.

Hier bestätigen sich die Vermutungen der Republikaner, daß der ,,Kohäsionsfond", aus dem die vorgenannten Länder bis dato bedient werden, auch in die Währungsunion hinein verlängert werden sollen. Dies ist als erster Schritt in Richtung ,,Transferunion" anzusehen.
So ist auch nicht weiter verwunderlich, daß der bayerische Ministerpräsident Stoiber diese Entwicklung zu Recht als ,,Sprengsatz für die europäische Integration" (s. FOCUS 31/97) bezeichnet hat.
Diese Regelung ist für uns Republikaner völlig unannehmbar.

Grundsätzlich zu begrüßen sind die Vorschläge der EU-Kommission zur Straffung und Konzentration der Fördermittel. Ein Schritt in die richtige Richtung ist auch die Kofinanzierung der Mitgliederstaaten bei der EU-Agrarpolitik für die ergänzenden Einkommenshilfen.
Der von der Kommission vorgeschlagene Satz von 25% Selbstbeteiligung der Mitgliedsstaaten sollte aber auf mindestens 50% aufgestockt werden.

In einem weiteren Schritt sollte entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip neben der finanziellen auch die politische Verantwortung für die ergänzenden Einkommenshilfen der Landwirtschaft mit Ausnahme eines groben Rahmens auf die Mitgliedsstaaten zurückübertragen werden. Dies wäre ein beachtlicher Schritt zur Renationalisierung der Agrarpolitik.

4.  Einordnung der ,,Agenda 2000":
Die ,,Agenda 2000" muß in unmittelbarem Zusammenhang mit der am 3. Dezember 1995 verabschiedeten ,Transatlantischen Agenda" gesehen werden, die eine Freihandelszone zwischen den USA und der EU anvisiert.
Diese Freihandelszone wird erhebliche Rückwirkungen auf die Wirtschaft, insbesondere aber auf die Landwirtschaft in der EU haben. Der noch bestehende Außenschutz vieler landwirtschaftlicher Erzeugnisse würde schon sehr schnell entfallen. Die Folgen für die Landwirtschaft, aber auch für manche Industriebereiche, kann sich jeder ausrechnen.

5.  Beurteilung:
Die drei Zielsetzungen -
Senkung der deutschen EU-Beiträge,
Sicherung der Einkommenssituation in der deutschen und europäischen Agrarpolitik und
Osterweiterung der EU widersprechen sich in ihren Konsequenzen und sind gemeinsam auf keine Fall zu realisieren. Wer drastische Einschnitte bei den Landwirten verhindern will und eine Senkung der deutschen EU-Beiträge ernsthaft anstrebt, kann sich nicht für eine EU-Osterweiterung mit ihren kaum abschätzbaren Kosten einsetzen.


Forum 3:  -  Osterweiterung
MdL Wolf Krisch / Dr. Peter Linder

Auswirkungen der Agenda 2000 auf Baden-Württemberg

1. Die Erweiterung der Europäischen Union um die vorgesehenen fünf mittel- und osteuropäischen Länder (MOE-Staaten), ist unter zwei Gesichtspunkten gleichzeitig zu beurteilen:
der Erweiterungsfähigkeit der Union und der Beitrittsfähigkeit der Kandidaten.

2 Die Frage nach der Erweiterungsfähigkeit der Union bezieht sich im wesentlichen auf drei Problempunkte:
(1) Regionale Spannungen und Interessenskonflikte unter Budgetrestriktionen,
(2) Fähigkeit zur inneren Reform der Union sowohl institutionell, als auch politisch inhaltlich und
(3) Migrationsdruck.

3. Mit der EU-Osterweiterung werden die Mittel für den  Struktur- und Kohäsionsfond (sog. Rubrik 2) völlig neu verteilt. Bei einer Wachstumsprognose bis zum Jahre 2006 von jahresdurchschnittlich 2,5 Prozent des BSP und einer gleichbleibenden Haushaltsobergrenze von 1,27 Prozent des BSP werden die Mittel für alle strukturpolitischen Maßnahmen von 39 Mrd. EURO auf 32 Mrd. EURO zurückgefahren.
Parallel dazu entwickeln sich die Mittel für die MOE-Staaten in diesem Bereich ab 2002 von 3,8 Mrd.EURO auf 12,1 Mrd. EURO. Hinzukommen noch die sog. Heranführungshilfen in Höhe von jährlich 1,569 Mrd. EURO.
Berechnungen im Auftrag der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen der EU-Kommission aus dem Jahre 1994 ergaben, daß für die östlichen Reformländer ein Transfer je Einwohner von jährlich 400 ECU im Rahmen der Strukturfonds im Jahre 1999 in Aussicht genommen werden müßte, wenn diese Länder ähnlich wie Griechenland und Portugal behandelt werden sollen.

Da die MOE-Länder eine Gesamtbevölkerung von 62,6 Millionen Menschen aufweisen, entspräche dies einem Transfer von 25 Mrd. ECU bzw. EURO.
Dies aber übersteigt bei weitem die Leistungskraft der Union, so daß ein ökonomisch geordneter Beitritt der Länder nicht gegeben ist.

4. Wird die Erweiterung trotzdem zu den obigen Transferbedingungen vollzogen, so wird die Aufteilung der Gesamtdotation in Rubrik 2 durch eine Verringerung der Zahl der Ziele als auch durch eine geographische Konzentration der Interventionen bestimmt sein.
Ein Übergang von derzeit sieben Zielen zu drei Zielen bedeutet insbesondere für die südeuropäischen Länder, aber auch für die mitteldeutschen Länder gravierende finanzielle Einschnitte in der Förderung mit dem Ergebnis, daß die Union nach der Osterweiterung eine höhere wirtschaftliche und soziale Ungleichheit aufweisen wird als gegenwärtig.

Insbesondere die bisherigen Bemühungen der ökonomischen Integration der Südländer Spanien, Portugal und Griechenland können zunichte gemacht werden.
Auch die Direktinvestitionen könnten in Zukunft vermehrt nach Mittel- und Osteuropa fließen und die komparativen Kostenvorteile der Südeuropäer könnten durch die Mitteleuropäer weg konkurriert werden.
Geographisch bekommen die ökonomischen Fliehkräfte die Oberhand über die Integration. Da in Deutschland die Osterweiterung speziell zu Lasten der neuen Bundesländer gehen wird, ist zu fragen, inwiefern sich dieser Umstand auf den bundesrepublikanischen Finanzausgleich auswirken wird. (Bemerkung: bis heute gibt es keine Regelung über den innerstaatlichen Finanzausgleich - siehe Plenarreden, z.B. 58. Sitzung TOP 11)

Damit sind unmittelbar baden-württembergische Interessen tangiert.
Schließlich ist sehr zu bezweifeln, daß die Europäische Union die Kraft zu einer institutionellen Reform aufbringen wird, die im Zuge der Osterweiterung als unabdingbar angesehen werden muß.
Die gilt sowohl für die Demokratisierung und Handlungsfähigkeit einer 20 oder einschließlich Zypern 21 Staaten umfassenden Union. Die gegenwärtigen Strukturen (Ländergewichte, Repräsentanz in Gremien,  Zahl der Kommissare, Entscheidungsmodi) sind in ihrem Kern immer noch auf die alte Sechser-Gemeinschaft zugeschnitten. Vorschläge zu den Grundlinien einer Reform – auch inhaltlich-politisch – finden sich in den Stuttgarter Thesen vom Mai 1997.

 6. Im Zuge der Osterweiterung wird ein neuer Migrationsdruck auf Deutschland zukommen. Berechnungen des Seminars für Arbeits- und Bevölkerungsökonomie (SELAPO) der Universität München gehen davon aus, daß fünf Jahre nach Bildung des Binnenmarktes mit Osteuropa 1,6 Millionen Menschen aus den MOE-Staaten neu zugewandert sein werden.
Vor ähnlichen Problemen werden auch Österreich und die skandinavischen Staaten stehen. Die Anreize gehen dabei weniger von einer hohen Arbeitslosenquote der MOE-Staaten aus, die in Deutschland ähnlich hoch liegt, als viel mehr von den niedrigen Pro-Kopf-Einkommen der Beitrittskandidaten.
Es wird daher bei uns im Rahmen einer höheren Lohnflexibilität mit einem Lohnverlust von fünf Prozent aufgrund der Einwanderung von 1,6 Millionen Menschen gerechnet, der schwerpunktmäßig gering qualifizierte deutsche Arbeitnehmer treffen wird.

7. Die Frage nach der Beitrittsfähigkeit der Kandidaten bezieht sich im wesentlichen auf
(1) Grundvoraussetzungen wie Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte,
(2) ökonomischer Entwicklungsstand und die Funktionstüchtigkeit der Marktwirtschaft,
(3) Erfüllungsgrad von Mitgliedspflichten, zum Beispiel im Bereich Innere Sicherheit oder Erfüllung von Umweltstandards.

8. Die staatspolitischen Grundvoraussetzungen sind bei den MOE-Staaten im Prinzip gegeben, wobei die rechtsstaatlichen Voraussetzungen in Einzelfällen Probleme aufwerfen können, zum Beispiel wenn es darum geht im Zuge der Freizügigkeit die Gleichbehandlung der EU-Bürger praktisch zu verwirklichen. Dies gilt insbesondere für die ehemals von Deutschen besiedelten Gebieten im heutigen Polen und Tschechien, in denen Vertreibung stattgefunden hat.

9. Das eigentliche Kernproblem der Beitrittsstaaten liegt auf wirtschaftlichem Gebiet.
Dabei ist weniger der Arbeitsmarkt von Bedeutung, da nach dem Beitritt mit einer neuen Welle von Produktionsverlagerungen insbesondere in arbeitsintensiven Bereichen aus Deutschland und Baden-Württemberg in den osteuropäischen Raum zu rechnen ist, was bei uns die Arbeitslosigkeit tendentiell erhöht und den Arbeitsmarkt in den MOE-Staaten eher stabilisiert.
Eine Integration der Volkswirtschaften speziell zwischen Deutschland und den Osteuropäern wird also nicht auf der Güterebene durch Handel erfolgen, was wünschenswert wäre, sondern auf der Faktorebene.
Das bedeutet Abfluß von Kapital und Zufluß von Menschen.
Die Integration ist aus der Sicht Deutschland daher eher handelsumlenkend als handelsschaffend und damit weniger wohlfahrtseffizient zu beurteilen.
Stark ins Gewicht fallen die Unterschiede in den Pro-Kopf-Einkommen, die Ausdruck eines niedrigeren Produktivitätsniveaus und damit Entwicklungsstandes sind. Das kaufkraftbereinigte BSP pro Kopf der potentiellen MOE-Staaten beträgt derzeit weniger als ein Drittel von dem der EU.
Ein signifikanter Abbau dieses Wohlstandsgefälles in absehbarer Zeit kann unter den finanziellen Bedingungen der EU auch nach dem Jahre 2006 nicht annähernd erwartet werden.
Am ehesten wären Tschechien und Slovenien noch in der Lage einen Anschluß an die  untere Wohlstandsgrenze der EU zu finden. In die gleiche Richtung zeigt die jährliche Inflation der Beitrittsstaaten. Inflationsraten von über 20 Prozent sind für EU-Verhältnisse nicht akzeptabel.

10. Die Beitrittsstaaten sind ausnahmslos Transitländer für den internationalen Drogenhandel und der Schleuserkriminalität in die EU-Staaten.
Sie stellen weitgehend neue Außengrenzen der EU dar und haben daher besondere Lasten zu tragen.
Daneben sind die MOE-Staaten selbst wichtige Aktionsfelder der Organisierten Kriminalität mit mafiösen Einflüssen. Effiziente Strukturen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität sind nicht vorhanden, so daß mit destabilisierenden Auswirkungen auf die jetzigen EU-Staaten zu rechnen ist.
Wie im Bereich der Kriminalität sind die Voraussetzungen für eine Einbindung der Beitrittsstaaten in Aktivitäten, Programme und Institutionen im Bereich des Umweltschutzes auf lange Zeit nicht gegeben, so daß wesentliche Pflichten, von den Beitrittsstaaten nicht wahrgenommen werden können.

Zusammenfassung
Die EU-Osterweiterung ist nicht vergleichbar mit den vorhergehenden Beitritten zur Europäischen Union, da niemals zuvor die EU vor der Aufgabe stand, Länder mit einem so starken Entwicklungsgefälle integrieren zu müssen.
Der Prozeß der Erweiterung würde zusätzlich in eine Zeit fallen, in der die Union selbst vor entscheidenden Problemen steht.
Die ungewisse Zukunft der Währungsunion, umfassende innere Reformen, die finanziellen Budgetbeschränkungen und die Stabilität der marktwirtschaftlichen Ordnung unter den Bedingungen der weltweiten Globalisierung machen in absehbarer Zeit die Beitritte der MOE-Länder nicht möglich.
Sowohl die Erweiterungsfähigkeit der Union als auch die Beitrittsfähigkeit der Kandidaten ist im vorhergesehenen Zeitraum aus ökonomische Sicht nicht gegeben.
Damit sind allerdings keine geopolitischen Aspekte angesprochen, die möglicherweise zu einem anderen Beurteilungsergebnis kommen könnten.