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12. Plenarsitzung - 13. November 1996 - TOP
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EU-Angelegenheiten - Unterrichtung des Landtags Thema Umweltschutz - Luft / Öl Redebeitrag des Abgeordneten Wolf Krisch Republikaner Es gilt das gesprochene Wort |
Diese Debatte betrifft die Unterrichtung des Landtags über Vorhaben, die wesentliche Interessen des Landes unmittelbar berühren
Herr Präsident, ich möchte lieber warten, und die Herren der
CDU nicht stören. -
Präsident Weiser - bitte, Sie haben das Wort -
Danke, dann kann ich ja weiterreden.
Der Tagesordnungspunkt betrifft die Rechtsgrundlage und Zielsetzung zukunftsgerechter Strategien zur Bekämpfung der Luftverunreinigung auf Basis des „Auto-Öl-Programms".
Das wurde erarbeitet von der EU-Kommission zusammen mit Vertretern der europäischen Automobil- und Mineralölindustrie - aber, und das ist kennzeichnend, ohne Bürgerverbände, ohne Umweltschutzverbände - vor allem ohne all jene, die von den neuen Normen finanziell oder wirtschaftlich nachteilig betroffen sind.
Die Landesregierung hat selbst bestätigt, heute vormittags nochmals durch den Herrn Minister persönlich:
die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Grenzwerte für die Zeit nach dem Jahr 2000 sind heute teilweise schon europaweit Standard, sind für Baden-Württemberg keine Verbesserung.
Im Gegenteil: der baden-württembergische Gesetzentwurf Bundesrat Drucksache 651/95 - Oktober 1995 - über die Kennzeichnung und steuerliche Förderung umweltfreundlicherer Kraftstoffe ist weitergehend.
Deshalb stellt sich für uns die Frage:
Ein Beispiel, wie sich diese Wettbewerbsverzerrung negativ auswirken könnte, zeigt die Mineralölindustrie selbst.
Das in Europa geläufigste Raffinerieverfahren ist das FCC - flüssig
katalytisch cracken Verfahren.
Über 60% aller installierten Kapazitäten für atmosphärische
Destillation fallen hierunter.
Die Besonderheit wiederum ist Deutschland, dessen Anlagen für FCC mit Hydrocracking etwa 40% der gesamten europäischen Kapazität ausmachen, bei einem deutschen EU-Raffinerieanteil von unter 20%.
FCC-Hydrocrackeranlagen können aber besser als alle anderen Anlagen eine Verschärfung der Vorschriften z.B. für reduzierte Benzol und Aromat Anteile verkraften.
Wird also Deutschland wirtschaftlich benachteiligt,
dann ist mit Abbau der technisch hochwertigen Raffineriekapazitäten
zu rechnen - ohne Gewähr für einen Aufbau an anderer Stelle,
und das ist kontraproduktiv für unsere Umwelt,
und das ist kontraproduktiv für unsere Arbeitsplätze.
Die EU-Kommission hat nun sogenannte „betroffene Parteien" angehört,
darunter die EU-Mitgliedstaaten.
Neben Deutschland haben sich Österreich / Dänemark / Finnland
/ Schweden / Niederlande kritisch geäußert und befürchten
eine Verwässerung der bestehenden eigenen gesetzlichen Regelungen.
Irland, Frankreich, Spanien, Portugal aber behaupten, die Vorschriften der EU-Kommission könnten nicht eingehalten werden und fordern eine Reduzierung der sowieso schon unter unser heutigem Standard liegenden Vorschriften.
Ohne weitergehende Information erscheint die Aussage des Herrn Ministers von heute vormittag, die Mineralölindustrie hätte sich für positive Lösungen entschieden, deshalb mehr als fragwürdig.
Denn das Ziel der EU-Kommission ist die Schaffung einer Richtlinie,
die in einem Artikel 5 sicherstellen wird, daß - Zitat -
„freier Handel nicht behindert wird".
Das heißt doch im Klartext:
Kraftstoffe mit schlechten Werten dürfen in unserem Markt eingebracht
werden - das kann keinesfalls verhindert werden.
Das weiß auch die Mineralölindustrie - das hat ein Großteil
unserer Abgeordneten scheinbar nicht erkannt.
Damit sind alle von uns genannten Befürchtungen, alle Warnungen vor wirtschaftlichen Nachteilen durch die EU-Gesetzgebung mehr als gerechtfertigt.
Die Europäische Union ist ein auf Gewinnmaximierung
ausgerichteter, die Bürgerinteressen mißachtender,
die Umwelt zerstörender Komplex.
Nun zu den legislativen Gedanken der EU-Kommission zum Auto-Öl-Programm.
Man will - Zitat - „Legislativ-Vorschläge so streng auslegen, daß selbst bei vorsichtigen Annahmen hinsichtlich der nicht-technischen Maßnahmen die erforderlichen Luftqualitätsziele gemeinschaftlich eingehalten werden".
So unverständlich, so mißverständlich und so vage ist die Vorstellung der EU-Kommission - daraus kann alles interpretiert werden.
Das ist keine erfolgsgerichtete Politik.
Das ist die Strategie einer von Lobbyisten und von wirtschaftlichen
Interessen abhängigen Gruppe.
Das, meine Damen und Herren, ist ein weiterer Gesichtspunkt, der gegen die EU in der jetzigen Form spricht.
Generell muß festgestellt werden,
EU Vorschriften hinken immer dem Stand der Technik hinterher.
Doch weil die EU gemäß Richtlinie 94/12EG für das Auro-Öl-Programm
„globalen Konsens" verlangt, ist im Interesse der Lobby bei diesen Fragen
das ständig zitierte, das so hoch gelobte Subsidiaritätsprinzip
aufgehoben worden.
Wir müssen also das umweltfeindliche, das technisch minderwertige als Wohltat der von Ihnen so hochgelobten EU akzeptieren.
Und dann bezweifeln Sie von CDU und FDP, von Grünen und von SPD immer noch, daß diesem Landtag seine Rechte durch die EU eingeschränkt werden.
Natürlich greift die EU auch in die steuerliche Gesetzgebung ein - auch da, wo ein Land zum Schutz der Umwelt steuerliche Maßnahme treffen will.
Ich verweise auf Richtlinien 89/458/EWG und Artikel 3 der Richtlinie
94/12/EG, wonach - Zitat -
„steuerliche Anreize ... nicht diskriminierend sein dürfen" -
und Zitat
„steuerliche Anreize enden müssen sobald Grenzwerte verbindlich
vorgeschrieben sind" -
also auch dann, wenn diese Grenzwerte unter denen in den steuerlichen
Anreizen genannten liegen sollten.
Nach all dem ist zu fragen, ob die EU-Kommission in der jetzigen Form fachlich und politisch das richtige Gremium ist.
Es ist denkbar, daß Probleme mit Korruption und Mißbrauch
von Vorschriften und Subventionen,
ich erinnere an den Bericht in der heutigen Presse über Mißbrauch,
Korruption und Betrug in der EU,
es ist denkbar, daß all diese Probleme schon bei EU-Kommission
beginnen.
Und deshalb, meine Damen und Herren,
ceterum censeo -
istam EU - also diese EU
esse delendam
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