Debatten im Landtag:
M-A-I  Multilaterales Abkommen über Investitionen

44. Sitzung des 12. Landtags

Redebeitrag des Abgeordneten
Wolf  Krisch   Republikaner



Nachtrag vom Januar 1999:
Wohl durch die von den Regierenden nicht erwartete weltweite Opposition zum M-A-I wurde der Vertrag zunächst still und klammheimlich "beerdigt".
Ursprünglich war geplant, das M-A-I im ersten Quartal 1998 zu ratifizieren.
Wäre das geschehen, dann hätte dies im Jahr der Asienkrise, im Jahr der Euroeinführung zu unermesslichen Konsequenzen geführt, hätte wahrscheinlich die Auswirkungen Finanzkrise vervielfacht.

Die Landtagsfraktion Die Republikaner hat sich als einzige Fraktion in einem deutschen Parlament entschieden gegen das M-A-I ausgesprochen und nicht nur "Berichtsanträge" und Fragen gestellt.

Wir werden wachsam sein und bei der mit Sicherheit kommenden Neuauflage des M-A-I wiederum Widerstand mobilisieren.
Für unser Land, für unseren Staat, für unsere Demokratie.
Demokratieverständnis und Verfassungstreue zeigt sich im politischen Verhalten im Parlament und außerhalb - und nicht in politischen Fensterreden.



Einleitung
Der hier wiedergegebenen Text ist die Manuskriptvorlage der in freier Rede gehaltenen Aktuellen Debatte im Landtag.  Es gilt das gesprochene Wort. Texte der Debatte sind erhältlich von den jeweiligen Fraktionen oder von der Fraktion Die Republikaner.

Zusammenfassung
Die Republikaner haben wieder einmal ein Thema angesprochen, das - aus Sicht der Regierung - nicht diskutiert werden soll.

Bei M-A-I handelt es sich um ein neues, bisher geheim verhandeltes Abkommen der OECD, bei dem eine Ratifizierung mit 29 Staaten im April 98 geplant war - ohne daß je ein Parlament sich damit beschäftigt hatte.
Das M-A-I hätte weitreichende Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, auf Arbeitsplätze, auf Ausländerrecht - um nur einige zu nennen - und würde Änderungen des Grundgesetzes, der Landesverfassung und geltenden Rechts erfordern, würde der M-A-I-Entwurf vom 14. Februar 1998 rechtsgültig werden.
Aus all diesen Gründen ist Widerstand gegen M-A-I angesagt und notwendig.

Deshalb sind die Reaktionen der 4 anderen Fraktionen im Landtag interessant:
Die CDU schlug vor, das Thema entweder abzusetzen oder doch wenigstens in nur 5 Minuten abzuhandeln.
Die SPD und die FDP sprachen von „keiner Aktualität“.
Die Grünen war informiert, und bestätigten unabsichtlich Aussagen der Republikaner (Hinweise auf die Ausbeutung der Dritten Welt oder auf notwendige Änderung geltenden deutschen Rechts).

1992, vor der Ratifizierung des Vertrags von Maastricht haben diese Fraktionen auf Initiativen der Republikaner ähnlich reagiert.
Doch der Vertrag von Maastricht zeigt:
Schriftliche Vertragsformulierungen gelten nicht mehr, wenn politische oder wirtschaftliche Interessen im Spiel sind.
Dann wird entweder der Vertrag geändert, oder geltende Vertragsbedingungen werden vertragswidrig nicht berücksichtigt oder werden aufgeweicht.

Einige Beispiele aus dem Vertrag von Maastricht:

Die Volksabstimmung in Dänemark wurde, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen, vertragswidrig zweimal durchgeführt.
Die Stabilitätskriterien zur Einführung des Euro wurden vertragswidrig geändert:
Das Kriterium Währungsstabilität - die Bandbreite der zulässigen Kursschwankungen wurde kurzerhand von +/-2,5% auf +/-15% erhöht
Das Kriterium Währungsstabilität - die Forderung, eine Währung müßte die Stabilität mindestens zwei Jahre ohne Änderung der Wechselkurse beweisen - wurde im Falle Italien schlichtweg mißachtet.
Das Kriterium Stabilität - die Forderung, Staatsverschuldung müsse unter 60% des BIP (Bruttoinlandsprodukt) liegen, wurde geändert in „die Verschuldung müsse sich den 60% kontinuierlich annähern“.

Das Kriterium Stabilität - (die Forderung Staatsverschuldung unter 60% des BP) wurde nicht erfüllt und es wurde manipuliert und gelogen. Einige Beispiele:

  1. Frankreich manipulierte das Ergebnis

  2. - Das Staatsunternehmen Telecom zahlte 1997 etwa 37,5 Mllrd. Franc in die Staatskasse - dafür übernimmt der Staat für 25 Jahre die Pensionszahlungen der Telecom; eine viel höhere Summe, die aber nicht bilanziert wird. In Deutschland würde ein Unternehmer dafür bestraft.
    - Die öffentlich-rechtliche Sparkasse Caisse de Depot zahlte vermutlich 37 Mllrd FFranc in die Staatskasse (genaue Daten nicht erhältlich); dafür übernimmt der Staat die Haftung bei Insolvenzen; und das wird sehr viel teurer sein.
  3. Italien manipulierte das Ergebnis

  4. - durch eine Sondersteuer, die das Bilanzdefizit um 3% reduziert
    - durch vorgezogene Verbrauchssteuern, um 1997 ein besseres Ergebnis zu erreichen
    - durch eine einmalige Kapitalertragssteuer auf Kursgewinne des Lira
    - durch eine Sondersteuer auf Pensionsrückstellungen
    - durch Einbringen der Pensionsrückstellungen der staatlichen Firmen ENEL (Strom) und ENI (Chemie) in den Staatshaushalt zur Erhöhung der Aktiva
    - durch die Erfindung eines "staatlichen Haushalts", in dem Schulden in der Größe von 10 - 15 Mllrd. in Nebenhaushalten versteckt werden und damit im "staatlichen Haushalt" nicht mehr auftauchen. Das ist ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bilanzwahrheit, der einem deutschen Unternehmen eine sofortige Bestrafung durch das Finanzamt nach sich ziehen würde.
  5. Belgien manipulierte das Ergebnis

  6. - durch das Anlegen von Überschüssen halbstaatlicher Unternehmen in Staatsanleihen zum 31. Dezember 1996 - aber nur solange, wie es notwendig war, die Statistik zu erstellen. Schon vor dem 10. Januar 1997 wurden die Staatsanleihen wieder aufgelöst - und die Statistik zeigt einen Schuldenrückgang. Zusätzlich
    - durch den Verkauf von 25% des nationalen Goldschatzes - der deutsche Goldschatz wird bis zum Euro aufbewahrt, um nach Einführung des Euro als "Geschenk" Deutschlands größtenteils in das Eigentum der Europäischen Zentralbank überzugehen.
Vergleichbare Manipulationen gab es in allen Mitgliedstaaten der EU - auch in Deutschland!

Aus all diesen Gründen ist der Vertragsentwurf von M-A-I, der schon von Anfang an verschiedene Vertragsauslegungen zuläßt, der vieldeutig und mehrdeutig ist, bei dem jede exakte Formulierung und Eingrenzung oder Ausgrenzung vermieden wird, abzulehnen.
Es ist zu erwarten, daß diese Mehrdeutigkeit Absicht ist - um nach einer Ratifizierung Beschlüsse durchzusetzen, die vor der Ratifizierung als „völlig unmöglich“ oder „niemals“ bezeichnet wurden.


Präsident Straub: Das Wort hat der Abgeordnete Krisch.
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Abg. Wolf Krisch REP
Herr Präsident,  meine Damen und Herren,

vor der Debatte sagte ein Kollege der SPD, er sehe keine Aktualität in dieser Debatte über M-A-I.
Das bestätigt die Vermutung, daß nur wenigen Mitgliedern des Landtags von Baden-Württemberg die Brisanz und der Inhalt des Vertragsentwurfs „Multilaterales Abkommen über Investitionen“ in der Fassung vom 14. Februar 1998 bekannt ist.
Hierzu eine Vorbemerkung.
Seit über zwei Jahren wird von den wichtigsten Industrienationen der Welt im geheimen über M-A-I verhandelt. Internationale Abkommen, die schon vor 10 oder 20 Jahren ratifiziert wurden und jedes für sich alleine gesehen, zustimmungswürdig oder akzeptabel sind, werden mit M-A-I zu einem neuen Paket zusammengeschnürt. Durch die daraus entstehenden rechtlichen Verflechtungen und Querverbindungen ergeben sich unvorhersehbare Folgen für die Weltwirtschaft.

Erst seit Ende 1997 wurden auf Grund von Initiativen US-amerikanischer Bürgerintiativen einige Details bekannt. Ähnliche Gruppen in Frankreich, England, Deutschland, Holland und anderen Staaten schlossen sich an.
In Frankreich ist MAI seit Anfang 1998 ein immer aktueller werdendes Thema - dort hauptsächlich unter dem in Deutschland überhaupt noch nicht beachteten Gesichtspunkt  Sprache - Kultur - Musik - Medien.

In Deutschland ist MAI immer noch ein Thema für einige wenige Journalisten und wenige Leser. Die Politik hat MAI nur am Rande aufgegriffen. Einige Anfragen im Bundestag wurden von der Bundesregierung enttäuschend nichtssagend beantwortet.
Doch Veröffentlichungen der Bundesregierung über Maastricht oder über den Euro lauteten zum vergleichbaren Verhandlungszeitpunkt ebenfalls nur ausweichend und valiumartig. Dieses Ausweichen und Nichtssagen ist ein Indiz dafür, daß die Vorwürfe gegen M-A-I gerechtfertigt sind.
Die Beurteilung des M-A-I wird dadurch erschwert, daß der gültige Text in einem „juristen-englisch“ geschrieben ist, welches sicherlich nur wenige Mitglieder des hohen Hauses ohne Schwierigkeiten lesen können.
Das ist ein englischer Text, in dem durch Austauschen nur eines Wortes mehrdeutige und völlig gegensätzliche Auslegungen möglich sind. Eine Übersetzung wird deshalb dem Originaltext niemals gerecht werden.

Schon eine flüchtige Durchsicht des Vertragsentwurfes Stand 14. Februar 1998 zeigt mögliche Folgen des Abkommens:

  1. Internationale Konzerne werden noch einflußreicher.
  2. Staaten der Dritten Welt werden ausgebeutet.
  3. Die Politik verliert jede Kontrolle über und verliert jeden Einfluß auf M-A-I-Investitionen.
Dieses Multilaterale Abkommen über Investitionen - M-A-I - sollte schon im April 1998 ratifiziert werden, und zwar ohne daß ein deutsches Länderparlament oder der Bundestag sich bis heute im Detail oder gesetzgeberisch damit befaßt haben. Eine Information des Wirtschaftsausschusses im Bundestag über den Stand der Verhandlungen ist kein Ersatz für detaillierte Diskussion.
Ähnliches gilt für die Parlamente in Frankreich, Großbritannien oder den USA.  Das europäische Parlament hat nur einmal am 11. März 1998 über M-A-I kurz debattiert - ohne einen Beschluß zu fassen.

Und während die Regierung formal das Recht hat, Geheimverhandlungen zu führen, haben die Bürger das Recht, Auskunft darüber zu bekommen, wie die derzeitige Regierung die Zukunft der Bürger verplant und beeinflußt.
Das gilt auch dann, wenn M-A-I erst mit einigen Monaten Verspätung ratifiziert werden kann.

Zum Vertragswerk
M-A-I ist ein Abkommen zum Schutz von Investoren und von Investitionen; das klingt recht positiv und vernünftig.

Doch M-A-I greift nicht nur in die Landesverfassung ein, sondern auch in das Grundgesetz und in geltendes Recht.

Ich zitiere jetzt in der Reihenfolge aus dem Vertragsentwurf

Der Absatz 1. Allgemeine Übereinkünfte
legt fest, daß ausschließlich die International Labour Organisation berechtigt ist, weltweit die Mindestarbeitsbedingungen festzulegen.
Ich bin überrascht, daß Gewerkschaftsvertreter diese Klausel akzeptiert haben.

Der Vertrag definiert in Absatz 2, Umfang und Gültigkeit
schutzwürdige Investitionen“ als:
jede Art Vermögen (assett). Auch das klingt vernünftig.
Aber laut Vertrag schließt das ein auch indirekte Beteiligungen, geistiges Eigentum, ja sogar öffentliche Verschuldung - und zwar in allen drei Fällen ohne jede zusätzliche Definition und Erläuterung, wo die jeweiligen Grenzen liegen.
aber auch Aktien, Teilhaberschaften, Kredite, Schuldverschreibungen, Werksverträge, Leistungszusagen aller Art und sonstige materielle oder immaterielle Besitztümer oder Rechte auf Besitztümer wie Mietverträge oder Hypotheken.
Da ist zu fragen: Wäre zum Beispiel schon ein Zeitungsartikel „geistiges Eigentum“ und damit eine „schutzwürdige Investition“? Ein guter Anwalt könnte das bestätigen - und mit welchen Folgen?

Schutzwürdige Investoren“ werden definiert als
Einzelpersonen oder juristische Personen,
gleichgültig ob in privatem oder in Regierungsbesitz und
schließt ein Firmenstiftungen, Partnerschaften und Verbände aller Art oder Organisationen aller Art.

Der geographische Wirkungsbereich von M-A-I soll gelten nicht nur im Land und auf Binnengewässern der Vertragspartner, sondern über die Staatsgrenzen hinaus auch auf hoher See in der 200 Meilen-Zone.

Eine Zusammenfassung des bisher gesagten:
der Geltungsbereich von M-A-I umfaßt Investitionen, an welche auch an Fachmann zunächst nicht denkt,
und hat das Ziel, diese Investitionen zu schützen, ohne Rücksicht auf die Interessen der Staaten, in denen Investitionen vorgenommen werden.

So enthält der Absatz 3 des Vertrages,
Umgang mit Investoren und Investitionen
folgende Klauseln:
Alle von einem Land den einheimischen Investoren gewährten Rechte gelten uneingeschränkt für alle Investoren der M-A-I-Vertragspartner.
Das klingt annehmbar - bis man die vorhin genannten Definitionen genau betrachtet.  Ein Mietvertrag als schutzwürdige Investition, vergleichbar dem Aufbau einer Fertigungsstätte? Ein gegnerischer Staat als schutzwürdiger Investor? Ein guter Anwalt wird daraus „ja“ machen.

M-A-I hat unter anderem zur Folge:
Vor dem Vertrag von Maastricht konnten Kommunen und Ländern mit den eigenen Steuergeldern zum Wohle der eigenen Wirtschaft Aufträge an die Unternehmen der Kommunen oder des Landes vergeben.
Eigene Steuergelder dienten somit der Wirtschaftsförderung in der eigenen Kommune.
Seit Maastricht müssen durch Steuergelder finanzierte öffentliche Aufträge innerhalb der EU frei vergeben werden.  Steuergelder des Landes Baden-Württemberg kommen somit nicht mehr dem Land Baden-Württemberg zugute, kurbeln nicht mehr unsere Wirtschaft an.
M-A-I geht einen entscheidenden Schritt weiter.
Nach M-A-I gilt gleiches Recht für sämtliche Vertragspartner von M-A-I. Das sind zunächst 29 Staaten - später sollen es über 100 Staaten sein.
Eine mögliche Folge: Eine ICE-Trasse wird von einer asiatischen Firma mit Personal aus Indien gebaut - und wenn der Bau genügend lange dauert, haben diese Arbeiter und deren Familien Dauerwohnrecht in Deutschland aufgrund geltenden EU-Rechts erlangt.
Die Folgen für den Arbeitsmarkt müssen nicht erläutert werden.

Ein weiterer Punkt im M-A-I-Vertragsentwurf ist überschrieben mit
Vertragsklarheit, auf Englisch transparency.
Darunter versteht M-A-I, daß Investoren von allen Gesetzen und Verordnungen oder anderen Regierungsakten unterrichtet werden müssen, die deren Investitionen betreffen, und Schadensersatzansprüche stellen können, wenn das nicht geschieht.
Alle Gesetze und Verordnungen, die Investoren benachteiligen, sind zu ändern - doch was „Benachteiligung“ bedeutet, wird nicht rechtskräftig definiert.

Die katastrophale Konsequenz dieser Klauseln möge sich jeder selber ausmalen.
Eine Zwischenbilanz des bis jetzt gesagten in etwas scharfer aber deutlicher Formulierung:
M-A-I ist die ideale Arbeitsgrundlage für das organisierte Verbrechen.
M-A-I ist die Gewähr für erfolgreiche internationale Geldwäsche.
 

Der Absatz III in M-A-I heißt
Aufenthaltserlaubnis und Arbeitserlaubnis für Investoren und für deren Personal“ und legt fest:
M-A-I-Investoren und deren Schlüsselpersonal haben unbegrenzte Zugangs- und Aufenthaltsrechte in jedem Investitionsland.
Die Aufenthaltsdauer wird nicht festgelegt.
Der Investor kann selbst entscheiden, welche Personen unter den Begriff „Schlüssel-personal“ fallen.
Eine numerische Begrenzung dieses Personenkreises ist nicht vorgesehen - das können 2 Personen sein oder 20.000.

Das Zugangs- und Aufenthaltsrecht gilt gleichzeitig für die Ehegatten, für Kinder und Familienmitglieder dieser Personen.
Die Ehegatten sollen außerdem automatisch das Recht zur Arbeitsaufnahme im Gastland des Investors erhalten.

Dieser Passus hat weitreichende Auswirkungen auf Ausländerrecht, auf Arbeitsrecht, auf unser Sozialrecht.
Ich erinnere an die noch kaum bekannte, in diesem Haus noch nie diskutierte EU-Bestimmung, wonach ein Ausländer, der in Deutschland zwölf Monate lang einer geregelten Arbeit nachging, ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland erhalten soll.
Wer von uns kennt diese Bestimmung?
Dieser Passus erhält durch M-A-I noch weiterreichendere Konsequenzen.

Vorschriften und Gesetzgebung über die Einreise von Ausländern, zum Beispiel in Notstandsgebiete mit hoher Arbeitslosigkeit, wären unter den Bedingungen des M-A-I unwirksam - zum Schaden des Gastlandes des Investors.
 

Jetzt zum Absatz Leistungsanforderungen
auf Englisch performance requirements.
Unter M-A-I dürfen einem Investor keinerlei Vorschriften gemacht werden
über Import oder Export von Gütern,
über Einkauf und Verkauf seiner Produkte,
über Umfang oder Menge verwendeter Drittwährungen,
über Technologietransfer oder Weitergabe von Produktionskenntnissen.

Da fallen mir Begriffe ein wie Waffenhandel, Giftgaslieferungen oder Drogengelder.
Die Konsequenz dieser Klausel ist, daß Deutschland geltendes Recht weitgehend ändern muß.
M-A-I zwingt uns, das eigene Haus umzubauen.
Eine weitere Konsequenz ist, daß eine Harmonisierung zwischen EU-Bestimmungen und dem Recht der Mitgliedsstaaten der EU nicht mehr möglich sein wird.
M-A-I zerstört also jede Zukunftsplanung der EU!

Nach einer eventuellen Einführung der Einheitswährung Euro sind die Konsequenzen noch weiterreichend. Die Verträge von Maastricht und Amsterdam eröffnen wegen (nur versehentlich?) schlampiger Formulierungen viel Möglichkeiten für Subventionsbetrug und ähnliche Vergehen. Wird das M-A-I diesen Verträgen übergestülpt, so potenzieren sich die möglichen Betrügereien - werden aber zum Teil sogar legalisiert.
Da M-A-I sich immer auf weitere internationale Verträge bezieht, ergänzen diese teilweise die Verträge von Maastricht und Amsterdam: kein Mensch kann mehr erkennen, was das für volkswirtschaftliche oder sozialpolitische Auswirkungen haben wird.
 

Ein Schmankerl besonderer Art ist der Artikel über
Monopole, Staatsbetriebe und Konzessionen.
Nach den Bestimmungen dieses Artikels darf niemand die Aufrechterhaltung oder die Festlegung oder die Abschaffung eines bestehenden Monopols verbieten.
Aber M-A-I geht noch weiter.
Ein Monopol kann in verschiedenen geographischen Gebieten arbeiten und darf in diesen verschiedenen Gebieten für das gleiche Produkt unterschiedliche Leistungen oder Preise fordern.
Verschiedene geographische Gebiete könnten Nationalstaaten sein, aber auch verschiedene deutsche Bundesländer - das M-A-I läßt beide Auslegungen zu.
Ein denkbares Beispiel: Der M-A-I-Investor General Motors könnte Opel in Hamburg anders verkaufen als in München.
Es erstaunt schon, mit wieviel krimineller Energie das M-A-I ausgehandelt wurde.

Der Absatz über Monopole und Staatsfirmen bzw. Konzessionen ist ein Vertrag über die Entmachtung der Nationalstaaten, ja der EU.
Kein Staat, keine Gebietskörperschaft hat nach der Ratifizierung des M-A-I noch Kontrolle über seine Bodenschätze, über seine Rohstoffe oder über wirtschaftliche Lenkungsmechanismen.
 

Eine Zumutung ist der M-A-I-Passus über die Ausbeutung von Bodenschätzen.
In diesem Abschnitt werden internationale Investoren den heimischen Investoren gleichgestellt, auch dann, wenn es sich um Bodenschätze handelt, die zum Überleben eines Staates in dessen eigener Regie verwertet werden müssen oder sollten.
Das betrifft besonders die Staaten der Dritten Welt.  Doch gerade diese Staaten sind an der Formulierung des M-A-I nicht beteiligt. Tritt M-A-I in Kraft, dann haben Entwicklungsländer nur zwei Möglichkeiten
a) M-A-I nicht beizutreten - aber dann wird über GATT und den IMF schon gesorgt, daß dieser Staat wirtschaftlich ruiniert wird,  oder
b)  M-A-I beizutreten - um danach von den M-A-I-Investoren rücksichtslos ausgebeutet zu werden. Der Staatsruin wie im Fall (a) tritt dann eben verzögert ein.

Alle Entwicklungsprogramme eines Staates zur Förderung strukturschwacher Regionen oder zum Abbau von Arbeitslosigkeit oder zur Förderung zukunftsweisender Technologien sind unter dem M-A-I nicht oder nur noch begrenzt möglich.
M-A-I ist das Ende jeder Wirtschaftsförderung, jeder Entwicklungsförderung.
 

Zum Arbeitsrecht:
Den Vertretern der Gewerkschaften folgender Satz aus dem Abschnitt „keine Absenkung von Standards“ zur Kenntnis, ich zitiere:
Ein Absinken von Sicherheitsstandards oder Umweltstandards oder die Verschlechterung geltender Arbeitsbedingungen ist nicht erwünscht.
Falls aber hierüber gegensätzliche Ansichten bestehen, dann sollten die Betroffenen verhandeln.
Ende Zitat  - da ist kein weiterer Kommentar erforderlich.
 

Der Absatz „Schutz vor Nachteilen (Protection from Strife)"
ist ebenfalls bemerkenswerte Prosa.
Den Investoren wird Schutz nicht nur vor Streik, sondern auch vor Kriegsfolgen gewährt, selbst dann, wenn der zu schützende Investor gerade der die Kriegsfolgen verursachende Aggressor sein sollte.
 

Eine Perle im M-A-I-Vertragsrecht sind auch die Paragraphen über
Streitigkeiten zwischen Investoren und Regierungen der Investitionsländer.
Bei Beschwerden der M-A-I-Investoren wird geltendes Recht des Gastlandes ausgesetzt.  Statt dessen wird ein Schiedsgericht mit seltsamen Entscheidungsprozeduren eingesetzt.

Ein Effekt wird dann sein: nicht wer im Recht ist bekommt Recht, sondern wer Geld hat, um mehr und bessere Anwälte zu bezahlen, wird das von diesen Anwälten beeinflußte Schiedsgericht zu einer vorteilhaften Entscheidung bewegen.

Von großer Bedeutung sind die Klauseln in
Absatz VII Finanzleistungen.
Der mit Transparency also Klarheit überschriebene Absatz enthält folgenden Satz, ich zitiere:

Ein Investor kann nicht gezwungen werden, Informationen herauszugeben, die seine berechtigten kommerziellen Interessen berühren.

Ein denkbarer Fall: Ein M-A-I-Investor, der illegal Giftmüll verbuddelt, erreicht durch einen guten Anwalt womöglich, daß er vor einer Hausdurchsuchungen geschützt ist, denn sein berechtigtes kommerzielles Interesse ist es doch, durch illegale Müllentsorgung schnell reich zu werden.

Diese Aktuelle Debatte hat ein Ziel:
der Landtag von Baden-Württemberg sollte aktive Schritte gegen die Ratifizierung des M-A-I einleiten,
zum Schutz unseres Grundgesetzes, zum Schutz unserer Bürger, zum Schutz unserer Zukunft.
Wir werden einen Antrag einreichen mit dem Ziel, die Ratifizierung des M-A-I zu verhindern.

Wir werden weiterhin beantragen, der Wirtschaftsausschuß möge eine Anhörung zu M-A-I beschließen mit dem Ziel, dem Landtag mehr und detaillierteres Wissen über dieses Abkommen zu vermitteln, damit der Ausschuß weitere Schritte beschließen kann.
Die Redner der Grünen, der SPD und der CDU  befürworteten eine solche Anhörung im Bundestag. Ich gehe somit davon aus, die Zustimmung dieser Fraktionen nach der Einreichung unseres Antrages zu erhalten.

In nur 10 Minuten Redezeit können die Gefahren des M-A-I nicht ausreichend geschildert werden. Die gravierenden Auswirkungen auf unsere Kultur, auf unsere Sprache, auf Erziehung und Bildung, auf Funk und Fernsehen habe ich überhaupt nicht ansprechen können.
Allerdings ist interessant, daß in Frankreich gerade dieser Aspekt seit Anfang des Jahres mehr und mehr in den Medien, in der Öffentlichkeit engagiert diskutiert wird: die deutsche Öffentlichkeit kennt das Problem noch nicht einmal.

Ich bitte Sie, sich selber mit dem Thema zu befassen.

Und ich bitte Sie, dieses eine mal, dieses wichtige mal gerade wegen des M-A-I-Termindruckes über Fraktionsschranken hinaus zu einer Entscheidung für unsere Bürger, zu einer Entscheidung für unsere Wirtschaft und gegen M-A-I zu kommen -
unterstützen Sie unsere Anträge.


Antrag der  Fraktion  Die Republikaner
M-A-I  -  Multilaterales Abkommen über Investitionen

Der Landtag wolle beschließen
die Landesregierung zu ersuchen

I. zu berichten

  1. wer an Verhandlungen über M-A-I seitens der Landesregierung beteiligt war und seit wann
  2. wann welche Mitglieder des Landtags hierüber unterrichtet wurden
  3. welche Auswirkungen die Landesregierung von der Umsetzung des M-A-I (Multilateral Agreement on Investment) erwartet

  4. a) in verfassungsrechtlicher Hinsicht
    b) in wirtschaftlicher Hinsicht, wobei Auswirkungen auf Arbeitsplätze und auf die wirtschaftliche Entwicklung von Interesse sind
    c) in sozialpolitischer Hinsicht
    d) in umweltpolitischer Hinsicht
II. in Baden-Württemberg umgehend mit einer Informationskampagne zu beginnen, um allen gesellschaftlichen Gruppierungen und den Bürgern des Landes M-A-I zur Kenntnis zu bringen

III. im Bundesrat darauf hinzuwirken,

  1. daß jede weitere Teilnahme Deutschlands an den laufenden M-A-I-Verhandlungen beendet wird,
  2. daß geprüft wird, inwieweit die Bestimmungen des bisher vorliegenden Vertragsentwurfs gegen geltendes deutsches Recht oder das Grundgesetz verstoßen
  3. die übrigen Landesparlamente aufgefordert werden, umgehend mit Beratungen über M-A-I zu beginnen.
Stuttgart, den 16. März 1998
Krisch, Dr. Schlierer und Fraktion
 


Begründung:
Das M-A-I (Multilateral Agreement on Investment) soll schon im April 1998 ratifiziert werden.
Dieses Abkommen verletzt Grundsätze unserer Verfassung, verstößt gegen geltendes Recht und zerstört die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, wenn es ratifiziert wird.
Ein Vertragswerk von solch weitreichender Auswirkung darf auch dann nicht ratifiziert werden, wenn die Parlamente in Bund und Ländern vorher unterrichtet werden, sondern bedarf der Einzelberatung in jedem Parlament.  Die seit 2 Jahren laufenden Geheimverhandlungen unter Teilnahme fast aller großen Wirtschaftsmächte sind in einer Demokratie nicht zulässig.

Weitere Ablehnungsgründe sind in Dateien folgender Adressen zu finden:

Weitere Unterlagen und
Informationen erhalten
Sie von der  Fraktion
Die Republikaner
Haus der Abgeordneten
70173  Stuttgart
Tel  0711 - 2063922
Tel  0711  - 2063924
Fax. 0711 -  2063935
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