Debatten im Landtag:

Atomausstiegspolitik der Bundesregierung -
und die Sicherheit der Kernkraftwerke in Baden-Württemberg



Aktuelle Debatte

Redebeitrag des Abgeordneten
Wolf  Krisch   Republikaner

74. Sitzung des 12. Landtags



Übersicht
Hintergrund der Debatte
Teil 1 - Abg. Scheuermann CDU
Teil 1 - Abg. Brinkmann SPD
Teil 1 - Abg. Dr. Witzel Grüne
Teil 1 - Abg. Krisch REP
Teil 2 - Abg. Dr. Witzel Grüne
Teil 2 - Abg. Brinkmann SPD
Teil 2 - Abg. Krisch REP


Einleitung
Hier wiedergegebene Texte sind Manuskripte der Debattenreden bzw. Auszüge aus dem Landtagsprotokoll. Es gilt das gesprochene Wort.
Das vollständige Protokoll ist abzurufen im Internet des Landtags www.landtag-bw.de oder erhältlich von der Fraktion Die Republikaner.



Hintergrund der Debatte
Bei dieser Debatte handelt es sich um eine wahltaktische Debatte der CDU, die versucht, der Grün-Roten Bundesregierung "eins aus-zuwischen".
Die CDU rechnet mit dem Kurzzeitgedächtnis der Wähler und Bürger - auch hier wieder erfolgreich, wie die Medienresonanz zeigt.
Die Folgen des Verkaufs der Eigentumsanteile baden-württembergischer KKW an den übermächtigen und alle EU Richtlinien mißachtenden französischen Staatskonzern werden von der CDU verschwiegen.
Daß dieser französische Staatskonzern ein Atomstromproduzent ist - mit niedrigeren Sicherheitsstandards in seinen KKW als in Deutschland - das verschweigt die CDU den Bürgern.
Daß es heute einen liberalisierten Strommarkt gibt, wo Große gnadenlos die Kleinen fressen - ohne Rücksicht auf soziale oder volkswirtschaftliche Folgen - ist ein Ergebnis 16-jähriger CDU Kanzlerschaft. Auch das verschweigt die CDU der Öffentlichkeit.
Daß in der Ukraine ein neues KKW vom Tschernobyl-Typ mit unseren Steuergeldern gebaut wird und nach Fertigstellung Strom auch nach Deutschland liefern wird, hat die CDU zu verantworten - und schweigt.

Präsident Straub:
Aktuelle Debatte – Auswirkungen der Atomausstiegspolitik der Bundesregierung auf die Sicherheit der Kernkraftwerke in Baden-Württemberg –
beantragt von der Fraktion der CDU
Das Wort erteile ich Herrn Abg. Scheuermann.

Abg. Scheuermann CDU:
.... Atomtransporte werden verzögert .... ganz einfach deshalb, weil man den Atomkraftwerken Prügel zwischen die Beine werfen möchte. .....
.... Wollen Sie denn im Ernst einen Zustand, daß wir aus der Kernenergie aus-steigen, und infolge der Liberalisierung des Strommarkts dann Atomstrom aus viel schlechteren Atomkraftwerken nach Deutschland einführen? ......
... Sie und ich wissen, daß unsere beiden Blöcke in Philipps-burg – rechtsrheinisch –, was die Sicherheitstechnologie anbetrifft, ein viel höheres Niveau haben als das 50 km weiter südlich linksrheinisch gelegene französische Atom-kraftwerk Fessenheim.


Präsident Straub: Das Wort erteile ich Herrn Abg. Brinkmann.

Abg. Brinkmann SPD:
.... Ich (zitiere) .... den heutigen Ministerpräsidenten – 1986 Fraktionsvorsitzender der CDU –, der unter dem Eindruck der Katastrophe von Tschernobyl damals gesagt hat:
Die Zukunft gehört nicht der Kernkraft.
..... bejammern Sie, daß das französische Atomkraftwerk Fessenheim .... schlechter sei, und sagen, deswegen müssten wir unsere Atomkraftwerke behalten ....
.... Die Unterbrechung der Atomtransporte .... geht auf die Versäumnisse der Atomkraftwerksbetreiber zurück. .... ..... die Betreiber, hatten den zuständigen Behörden jahrelang verschwiegen, daß es bei den Transporten zu gravierenden Überschreitungen der Strahlengrenzwerte gekommen war. ....


Präsident Straub: Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Witzel.

Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen:
.....  auch sehen, daß in der Zwischenzeit neue technische Probleme aufgetreten sind. Ich nenne zum Beispiel das Stichwort Restfeuchte im Innenraum und in den Metalldichtungen. .....
.... Man hat festgestellt, daß in den Castorbehältern Feuchtigkeit ist. Wenn diese Behälter wirklich 40 Jahre lang absolut dicht sein sollen, weil es immerhin um Atommüll in einem Zwischenlager geht, muß man höchste Qualitätsstandards anlegen. .....


Stellv. Präsident Birzele: Das Wort erhält Herr Abg. Krisch.

Abg. Krisch REP:
Ich möchte zunächst ganz kurz auf den Kollegen Witzel und auf den Kollegen Brinkmann eingehen.
Kollege Witzel, Sie haben erzählt, daß Castortransporte gestoppt werden mußten wegen der ganz gefährlichen Kontaminierung der Castortransporte.
Es gab eine Kontaminierung.
Wir müssen uns aber einmal über das Gefahrenpotential klar werden.
Stellen Sie sich vor, Sie kommen morgens mit Ihrem Auto, stellen das Auto vor dem Landtag ab, lassen den Motor laufen, krabbeln unter das Auto und versuchen, mit dem Finger in den Keilriemen der Lichtmaschine hineinzufassen. Bei laufendem Motor reißt es Ihnen den Finger ab.
Nach dieser Argumentation Ihr Auto ein gefährliches Fahrzeug.
In der gleichen Gefahrenklasse liegt die Kontamination der Castorenbehälter.
Diese Kontamination kann nur für Menschen gefährlich werden, wenn jemand sich Mühe macht in unzugängliche Teile des Castors zu kommen - wie in den Keilriemen der Lichtmaschine am Auto.
Und wer hat das schon je gemacht?

Hätten Sie sich die Mühe gemacht, gestern nach Neckarwestheim zu GKN zu gehen und an der Diskussion im KKW teilzunehmen, hätten Sie auch das gewußt.

Sie sprechen über die Gefährdung der Castoren durch Wasser im Castor.
Sie wissen offensichtlich, daß es in der Vergangenheit - vor einigen Jahren - Fälle gab, wo Wasser-Tropfen im Castor verblieben.
Der Castor hat 2,5 m Durchmesser, ist 6 m hoch, die Dichtungen sind Metalldichtungen, und 10 bis 100 Tropfen Wasser können im Zeitraum von 40 Jahren durchaus begrenzte Korrosion ergeben.
Sagen Sie doch mal laut - Sie haben das Wissen - welche Auswirkung eine Korrosion durch diese Wassertropfen in diesem Behälter haben kann.
Das kann sich jedermann und jedefrau übrigens selber vorstellen - so viel technisches Verständnis hat jeder.
Rostet Ihr Auto durch, wenn Sie eine Tasse Wasser drüber schütten?
Ihr Auto hat unter dem Lack nur 1-2 mm dickes Blech - der Castor wiegt über 100 Tonnen.

Und heute ist eine derartige Wasserrestverbleibung im Castor aus verfahrenstechnischen Gründen nicht mehr möglich - das Füllverfahren wurde geändert.

Hätten Sie sich die Mühe gemacht, sich für heute vorzubereiten, wüßten Sie das und würden nicht hier Polemik machen und Angst verbreiten.

Das Gleiche gilt für den Kollegen Brinkmann.
Der hat vorhin so aufregend über Tschernobyl gesprochen.
Dem Kollegen Brinkmann ist anscheinend immer noch nicht klar, daß wir bei Tschernobyl von Reaktoren sprechen, die in Deutschland nie gebaut werden dürften.
Das sind graphitmoderierte Reaktoren, die in Sonderfällen zu einem GAU führen können, und solche Dinger gibt es bei uns nicht.

Aber, Herr Brinkmann, Ihre grün-rote Regierung in Berlin finanziert in der Ukraine den Bau genau solcher neuen Atombombenreaktoren.
Das Gefahrenpotential ist dort durch die 30 Jahre alte Konstruktion vorgegeben - daran ändern auch die teuren Nachrüstungen von Siemens nichts. Und dafür sind Sie verantwortlich.

Und wie stellen sich hier hin und argumentieren? Ich schäme mich für Ihre Aussagen.

Jetzt, Herr Kollege Scheuermann, muß ich mal Sie an den Kanthaken nehmen.

Herr Kollege Scheuermann, der Schlußsatz des Ministerpräsidenten im ersten Teil seiner Rede heute vormittag war doch ein Zitat des Artikels 56 Grundgesetz:
Die Pflicht des Parlaments ist es, Schaden vom deutschen Volk zu wenden und seinen Nutzen zu mehren - sagte der Ministerpräsident.
Herr Kollege Scheuermann, warum tut die CDU das nicht?
Sie hätten doch jahrelang Zeit gehabt.

Jetzt gehen wir hier mal direkt zu dem Vorgang GKN und Obrigheim.
Beide waren GmbHs mit technischen Geschäftsführern.
Dann wurden ohne viel Aufhebens diese beiden GmbHs an die EnBW verkauft,
und plötzlich sind dort kaufmännische Entscheider am Ruder.
Herr Scheuermann, ein Techniker hat als oberste Priorität immer Technik und Sicherheit.
    (Abg. Scheuermann CDU: Das stimmt gar nicht!)
Der Herr Goll als Nichttechniker hat als oberste Priorität Gewinnmaximierung.
    (Abg. Dr. Birk CDU: Absurd!)
Es besteht für mich der dringende Verdacht, daß hier eine Salamitaktik betrieben wurde:
Erst werden die GmbHs an die EnBW verkauft,
dann werden die EnBW-Aktien an die EdF verkauft, und
wenn die NWS auch noch an die EdF verkauft wird,
dann hat ein französischer Staatskonzern Einfluß auf unsere Energiepolitik.
    (Abg. Dr. Caroli SPD: Das sind ja Ausländer!)
„Schaden vom deutschen Volk zu wenden“ hat der Ministerpräsident gesagt.
Hierzu gehört auch eine langfristige, zukunftsorientierte Energiepolitik.
Eine Regierung, die Einfluß auf die eigene Energiepolitik an einen ausländischen Staatskonzern weitergibt, Herr Scheuermann, handelt demnach verfassungswidrig.

Jetzt kommt das Zweite; das gehört mit zu diesem Thema.
Was passiert denn, wenn dieser französische Staatskonzern einmal auch zerbröselt wird, wie es nach EU-Regeln stattfinden muß?
Meine Vermutung ist, daß die Hintermänner, denen in Zukunft irgendwann einmal der EdF-Konzern gehören wird, das Ganze jetzt schon einfädeln.

Weiter: Es gibt gesetzliche Rücklagen.
Obrigheim und GKN zusammen haben in diesen Fonds etwa 5 Milliarden DM.
Diese Fonds sind gesetzlich geschützt.
Wer aber sagt uns denn – Grün-Rot will jetzt schon die Steuergesetzgebung ändern –,
daß nicht in fünf oder zehn Jahren EU-Richtlinien entstehen, die diese gesetzlichen Rücklagen verbieten?
Wer sagt denn, daß dann der zukünftige Inhaber dieser Kraftwerke dieses Geld nicht herauszieht und der Steuerzahler hinterher für die Entsorgung zuständig sein wird?

Herr Scheuermann, all diese Dinge müssen jetzt vorgedacht werden.
Sonst passiert es wie bei Holzmann, daß Banken und Aktionäre Gewinne ziehen, eine große Firma Konkurs geht und Steuerzahler und Arbeitgeber die Notleidenden sind.
Ähnliches könnte hier passieren.
    (– Abg. Drexler SPD: Was, die Arbeitgeber? Arbeitnehmer!)
– Arbeitnehmer. Das war ein Versprecher. Danke, Herr Drexler.


Stellv. Präsident Birzele: Das Wort hat der Herr Abg. Dr. Witzel

Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen:
.... Für die Energiewende ist das Stromeinspeisungsgesetz von entscheidender Bedeutung.
Ein 5-%-Deckel darf dabei weder auf deutscher noch auf EU-Ebene eingeführt werden. Die Bundesregierung in Berlin novelliert dieses Gesetz.
Ich habe gehört, daß der 5-%-Deckel dabei fallen soll. .....
.... Über Brüssel können wir im Wirtschaftsausschuß gern reden. Dort können wir überlegen, wie wir das gemeinsam auf den Weg bringen. ....

Ich darf zum Schluß noch auf den Vorwurf des Kollegen Krisch eingehen.
Er sagte sinngemäß:
Die Castorbehälter hatten eine Strahlenkontamination.
Aber Herr Krisch meinte so ungefähr: Das ist nicht gefährlich. Er vergleicht das mit dem Treibriemen in einem Auto.
Ich habe hier einfach gefragt:
Ist diese Oberflächenkontamination, die bei den Castoren festgestellt wurde, nach Atomrecht zulässig?
Hier wurden die Grenzwerte, die nach Atomgesetz gültig sind, überschritten, und zwar nicht nur um das Doppelte oder Dreifache, sondern um das Tausendfache und mehr.
So etwas ist ein Skandal.
Wenn die Betreiber so etwas jahrelang zulassen, ohne eine Meldung zu machen und ohne das abzustellen, dann ist dies wirklich eine schwere Sache, die die Zuverlässigkeit der Atomkraftbetreiber in Frage stellt.
Ein Betreiber eines Atomkraftwerkes muß zuverlässig sein.
Wenn die Zuverlässigkeit nicht gegeben ist kann man ihm nach Atomgesetz diese Erlaubnis zum Betrieb eines Atomkraftwerkes aberkennen.
    (Bemerkung: Tatsachen so lange zu verdrehen, Fakten so lange zerreden, bis alles ins ideologische Konzept, paßt ist eine erprobte Grüne Taktik, die von den Medien häufig aufgegriffen wird. Dem steht der sachlich argumentierende Techniker oft staunend und ungläubig gegenüber)
Hier wurde gegen Vorschriften des Atomgesetzes verstoßen.
Das können wir nicht zulassen.
Der Bundesminister handelt nach Recht und Gesetz.
Er wird auch keine Transporte genehmigen, wenn nicht alle Voraussetzungen vorliegen. ......


Präsident Straub: Das Wort erhält Herr Abg. Brinkmann.

Abg. Brinkmann SPD:
...... Die Stillegung von Atomkraftwerken in den nächsten Jahren ist nicht nur ein ökologisches Gebot, sondern es ist auch ein ökonomisches Gebot.
Die Dinge werden in der Tat auch zu teuer.
Wir sagen.... – und das konkret zu Neckarwestheim –: Wir müssen bei der Planung solcher Zwischenlager Rücksicht auf örtliche Gegebenheiten nehmen, zum Beispiel auf tektonische Besonderheiten, damit wir dort auf der sicheren Seite sind. ....


Stellv. Präsident Birzele: Das Wort erhält Herr Abg. Krisch.

Abg. Krisch REP:
(der Abgeordnete Brinkmann verläßt seinen Platz bei Redebeginn des Abg. Krisch)
Bevor er den Raum verläßt, möchte ich kurz noch einmal zu Herrn Brinkmann sprechen.
Er sagte, wenn man in Neckarwestheim ein Zwischenlager errichten wolle, müsse man dort auf die tektonischen Besonderheiten achten.
Hätte Herr Brinkmann sich etwas um die Materie bemüht, dann würde er wissen, daß in Neckarwestheim eine sorgfältige Vorplanung für dieses erzwungene Zwischenlager gemacht wird.
Es sind Probebohrungen bis auf 90 Meter Tiefe gemacht worden, bis tief in den Muschelkalk hinein.
Es gab Vollkernbohrungen bis 20 Meter unter die Oberfläche des Felsens.
Zehn Meter tief in den Felsen werden Tunnel eingebracht, um die Castoren dort unterzubringen.
Was Herr Brinkmann hier macht, ist bewußte, gezielte Angstmache – und das ist nicht akzeptabel.

Herr Kollege Witzel, ich darf Sie wörtlich zitieren.
Sie sagten: Kernenergie hat in einem liberalisierten Markt keine Chance.
Das waren vor einigen Minuten Ihre Worte.
Es hat dazu vor einer Woche ein Gespräch des Umweltausschusses bei der LfU (Landesamt für Umweltschuzt) in Karlsruhe gegeben.
Und wir hörten deren Meinung:

In dem liberalisierten Strommarkt wird die ökologisch günstige Kraft-Wärme-Kopplung kaputtgehen, weil importierter Atomstrom konkurrenzlos billig ist.

In diesem liberalisierten Strommarkt wird die Windenergie kaputtgehen, weil es nicht mehr möglich sein wird, die Windenergie über eine Rückkopplung in das Netz zu finanzieren, denn der billige importierte Atomstrom wird eine Gesetzesänderung erforderlich machen.

Herr Witzel, Sie sind ein intelligenter Mensch.
Ich glaube deshalb nicht, daß das bei Ihnen ein Versprecher ist.
Ich bin fest überzeugt, all das ist ideologische Polemisierung, und auch das kann ich nicht akzeptieren.

Ich muß jetzt einmal auf das Thema grün-rote Bundespolitik kommen.

Herr Scheuermann, das Ergebnis der grün-roten Politik in Baden-Württemberg ist zur Zeit weniger sicherheitsrelevant, sondern betriebswirtschaftlich und kostenrelevant.
Sicherheitsrelevant war das Verhalten der hessischen grünroten Regierung seit 1991, und es ist zu erwarten, daß sich in Zukunft die Bundesregierung ähnlich verhalten wird.

Damit wir wissen, wovon wir reden, noch einmal ein kleines Beispiel:
Mercedes hat die A-Klasse gebaut, und dort gab es einen Elchtest, eine Situation, die ein normaler Kraftfahrer nie erleben wird.
Dieser Elchtest ergab:
Das Auto kann in Grenzsituationen gefährlich werden.
Also hat Mercedes eine technische Verbesserung vorgenommen, und diese A-Klasse ist inzwischen technische Weltspitze.

Jeder Ingenieur wird stets bestrebt sein, ein technisches System zu verbessern.

Und was machte die grün-rote Regierung in Hessen, und was wird wahrscheinlich die grün-rote Bundesregierung in Bonn in Zukunft machen?

Grün-Rot hat schon und wird wieder versuchen, mit bürokratischen Hemmnissen technische Verbesserungen zu verhindern.

Meine Damen und Herren, wer technische Verbesserungen verhindert, handelt – ich sage das jetzt ganz bewußt – in der Kerntechnik schon kriminell.

Er handelt verantwortungslos, und er dürfte eigentlich nicht in der Regierungserantwortung stehen.

Beispiel:
Zwischen 1993 und 1997 hat das Kraftwerk Biblis für den Block A 50 Genehmigungsanträge für technische Verbesserungen beantragt, für Verbesserungen, die eben dem jeweils gültigen Stand der Technik entsprechen.
Sieben dieser Anträge wurden genehmigt und sind nutzbar gemacht worden, und der Rest wird blockiert.
Bewußt und gezielt blockiert!
Das macht man, indem man Änderungsverfahren umstuft von "aufsichtlich" in Verfahren gemäß § 7 des Atomgesetzes.
Das bedeutet, andere Behörden sind dann zuständig, und das bedeutet, daß andere Gutachten erstellt werden müssen.
Das führt zu Verzögerungen von zwei, drei, vier Jahren.
Die Gesamtkosten nur für Biblis A für Genehmigungsverfahren, für Ingenieurleistungen im Gutachterwesen – also zur Papierproduktion - belaufen sich inzwischen auf knapp 350 Millionen DM, Herr Witzel.
Dagegen sind die 2 Millionen DM, die dieser Landtag für den von Ihnen beantragten Untersuchungsausschuß Obrigheim aufwenden mußte, eigentlich ein Pappenstiel.

Berücksichtigt man noch die Auswirkungen der ökologischen Steuerreform auf die Entsorgung radioaktiver Abfälle oder berücksichtigt man die von grün-rot beantragten Änderungen in Bezug auf die Rückstellungen der Energiewirtschaft, dann kommt kurzfristig ein Betrag von 20 Milliarden DM hinzu.
Doch die Energiewirtschaft ist die langfristigst zu planende Wirtschaft überhaupt und kann sich auf derartige politische Bocksprünge nicht einrichten.

Der Effekt des liberalisierten Strommarkts – noch einmal widerspreche ich Ihnen – hat zur Folge, daß Atomstrom importiert wird, und zwar auch aus Tschernobyl.
Ich sagte es vorhin.
Die Kraft-Wärme-Kopplung wird trotz Befreiung von der Mineralölsteuer aufgrund dieses liberalisierten Strommarkts kaputtgehen,
die Gas-Kondensationskraftwerke werden nicht mehr wettbewerbsfähig sein,
genausowenig deutsche Steinkohle und deutsche Braunkohle.

Ihre Politik zerstört die Innovationsfähigkeit Deutschlands und zerstört unseren Wirtschaftsstandort.

Jetzt können Sie Ihre Frage stellen, wenn es der Herr Präsident noch erlaubt.
Stellv. Präsident Birzele: Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Abg. Krisch REP: Gut.
(Der Redner begibt sich auf seinen Platz.)
Stellv. Präsident Birzele: Bitte schön. – Kommen Sie bitte noch einmal.

Abg. Dr. Witzel Bündnis 90/Die Grünen:
Herr Krisch ich habe zu Ihren Ausführungen noch zwei Fragen.
Zum Ersten sprachen Sie beim liberalisierten Strommarkt an, daß die Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbaren Energien möglicherweise gefährdet sind.
Insofern gebe ich Ihnen Recht.
Aber ich möchte Sie fragen:
Teilen Sie meine Meinung, daß das EU-Recht durchaus Möglichkeiten sieht, für diesen liberalisierten Markt ökologische Leitplanken einzuziehen, sodaß Vorrangregelungen geschaffen werden können zum einen für erneuerbare Energien und zum anderen für Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung?

Zweite Frage –
Sie sprachen die Rückstellungen der Atomkraftbetreiber für die Entsorgung der Atomkraftwerke und des Atommülls an –:
Ist Ihnen bekannt, daß die steuerfreien Rückstellungen in Höhe von über 50 Milliarden DM Kundengelder sind, die die großen Konzerne einset-zen, um in anderen Geschäftsbereichen mittelständische Industrie kaputtzumachen und aufzukaufen, und halten Sie das für gerechtfertigt, oder wollen Sie daran etwas ändern?

Abg. Krisch REP:
Zur Frage 1 – Wird EU-Recht ökologisch sinnvolle Auswirkungen haben können?
So möchte ich es einmal zu-sammenfassen.
Ich kann diese Frage nicht beantworten.
Ich bin Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg, und ich kann keine Aussagen machen, was die EU machen wird, Herr Kollege Witzel. Das wäre Unsinn.

Zu den Rückstellungen:
Jedes Kraftwerk muß irgendwann abgebrochen werden.
Das erfordert gewaltige Geldsummen.
Der Gedanke dieser Rücklagen ist, sicherzustellen, daß am Ende der Lebensdauer des Kraftwerks Geld für diesen Abbruch zur Verfügung steht.
Wie das steuerrechtlich ist, ist jetzt nicht Gegenstand der Diskussion.
Aber die Kraftwerksbetreiber müssen aus dem Ertrag, den sie verdienen, Geld zurücklegen.
Wenn in Zukunft zum Beispiel durch Änderungen der EU-Gesetzgebung diese Gelder dann den GmbHs oder den AGs direkt zur Verfügung stehen und sie theoretisch in der Lage sind, diese Gelder abzuziehen und anderweitig zu verwenden, und wenn dann die Situation kommt, daß der Steuerzahler für den Abbruch der Kernkraftwerke ist, dann wäre das eine Katastrophe.
Das wäre abzulehnen.
Ich bitte Sie, dafür zu sorgen, daß das nicht passieren kann.


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