Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
der Herr Innenminister hat mich gebeten, zu den in Ihren beiden Schreiben
an ihn erhobenen Vorwürfen hinsichtlich der Bewertung von Publikationen
des REP-Kreisverbandes Ludwigsburg in der Informationsbroschüre des
Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg "Rechtsextremismus
in der Bundesrepublik Deutschland" (Stand August 1996) Stellung zu nehmen.
Bei dem "Ludwigsburger REP-Info September 93" handelt es sich nach
hiesiger Kenntnis eindeutig um ein Druckerzeugnis des REP-Kreisverbandes
Ludwigsburg, das sich - lt. Anrede - an "Mitglieder und Freunde im Kreisverband"
richtet. In dieser Schrift wurde aus Sicht des Kreisverbands Ludwigsburg
der Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart wegen der nachrichtendienstlichen
Beobachtung der REP durch den Verfassungsschutz kommentiert, was in Teilen
der o.g. Broschüre einfloß.
Es mag dahingestellt bleiben, in welcher Auflage dies "Info September
93" verbreitet wurde, es fügt sich jedenfalls inhaltlich - und nur
hierum geht es - nahtlos in die anderen Flugschriften des von Ihnen geführten
Kreisverbands Ludwigsburg ein und ist von Ihnen als Kreisvorsitzendem unterzeichnet.
Ich kann letztlich nicht abschließend beurteilen, in welcher Absicht
das "Info September 93" verfaßt wurde. Dennoch habe ich an der -
nach meiner Beurteilung nachgeschobenen - Version Zweifel, wonach die zitierte
Formulierung ein "Lockmittel" sein sollte, erhebliche Zweifel. Ich begründe
dies wie folgt:
- der in der "Rechtsextremismus "-Broschüre des Landesamts für
Verfassungsschutz Baden-Württemberg zitierte Satz, wonach vom REP-Kreisverband
der Beschluß des VG Stuttgart als "durchaus vergleichbar mit den
Schauprozessen unter Stalin oder mit den Urteilen eines Herrn Freisler"
kommentiert wurde, findet sich - in abgeschwächter Form - auch in
einem anderen Flugblatt des KV Ludwigsburg aus dem gleichen Zeitraum.
Unter der Überschrift "Sind Sie ein Verfassungsfeind?" heißt
es:
"... Das Stuttgarter Verwaltungsgericht mit den Richtern Pfäffle,
Pfaudler und Wisslicen hat unsere Klage abgelehnt, mit abenteuerlichen
Begründungen ....
... Was sagen Sie zu dieser Rechtsprechung?
... Wir fragen Sie: an welche Schauprozesse erinnert Sie diese Verleumdungskampagne?
..."
Am Rand des von Ihnen verantwortlich gezeichneten Flugblatts wird der
Empfänger aufgefordert: "Bitte geben Sie dieses Flugblatt an Freunde
und Bekannte weiter."
- im Januar 1994 wurde eine überarbeitete Fassung des "Ludwigsburger
REP-Info September 93" bekannt, das die oben zitierte Wertung der REP nicht
mehr enthielt. Dafür wurde eine neue provozierende These aufgestellt:
"... Jetzt endlich haben wir den Beweis, daß auch die Post
von Landtagsabgeordneten vom Verfassungsschutz überwacht wird!"
(Unterstreichung im Original)
Nachdem Sie diese These n Ihrem Schreiben an Herrn Minister nicht mehr
wiederholen, gehe ich davon aus, daß Ihrer Partei die Abenteuerlichkeit
dieser Behauptung inzwischen aufgegangen ist.
- in Ihrem Schreiben an Herrn Minister behaupten Sie, daß "nur
wenige Tage später (nach Verteilung des "Rundschreibens") im ständigen
Ausschuß des Landtags eine Diskussion über diese Rundbriefaktion
mit dem Vorwurf des 'verfassungsfeindlichen Verhaltens' durch den damaligen
Innenminister Birzele" geführt wurde.
Ich kann das so nicht nachvollziehen.
Denn
- das "REP-Info September 93" ist erst Anfang November 1993 dem
Landesamt zugänglich und
- erst am 11. November 1993 dem Innenministerium vorgelegt worden.
Da der ständige Ausschuß bereits am 16. September 1993 und
dann erst wieder am 24. März 1994 sich mit der Tätigkeit des
Verfassungsschutzes befaßte, kann Ihre Argumentation schwerlich richtig
sein.
Außerdem gestatte ich mir, darauf hinzuweisen, daß die
Beratungen des Ständigen Ausschusses grundsätzlich geheim eingestuft
sind. Insofern kann ich nicht nachvollziehen, wie Sie das von Ihnen behauptete
Wissen erlangt haben wollen.
Nach alledem sehe ich keinen Anlaß, an den in der "Rechtsextremismus"-Broschüre meines Amts getroffenen Feststellungen inhaltlich etwas zu korrigieren. Ich sehe mich vielmehr veranlaßt, Ihren Vorwurf "falscher und unkorrekter Berichte" ausdrücklich zurückzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift
Dr. Rannacher
703720 Stuttgart
für Ihre interessanten Ausführungen darf ich mich auch im Namen all jener Mitarbeiter meines Kreisverbandes bedanken, die an der Erstellung der in Ihrem Schreiben genannten Drucksachen beteiligt waren.
Diese Personen kennen aus eigener Tätigkeit die Hintergründe, die Fakten, man könnte sagen, die Wahrheit, und finden daher Ihre Ausführungen sehr - verwenden wir das Wort - bemerkenswert.
Wenn unsere Bürger
den am 23. Mai vorgestellten Verfassungsschutzbericht 1996 und den
Fall Axel Reichert mit der "Kameradschaft Karlsruhe" oder
andere, hierzu gehörende Vorgänge kennen, so dient das der Stärkung
unserer Demokratie.
Mündige Bürger
sollten über jede Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz
unterrichtet und informiert sein.
Wir werden deshalb
Ihre Aussagen allen Interessenten vorlegen.
Mit vorzüglicher
Hochachtung
Wolf Krisch
MdL